AFRO Runde 2: die Konkurrenz bietet kräftig Kontra

So optimal die Startrunde für unsere Troika verlaufen war, fast so kärglich nun die Ausbeute in der abendlichen zweiten Runde! Das lag aber wohl eher weniger daran, dass unsere drei Mannen etwa allzu schlecht Schach gespielt hätten, als mehr im überzeugenden Auftreten der Gegnerschaft begründet…

Dies gilt nicht nur, aber insbesondere auch für Bernd Grill´s Partie im A-Open [ähemm…erst jetzt wurde der Berichterstatter gewahr, dass unser Protagonist ja die WEIßEN Steine führte, weswegen er das jetzt (22:22 Uhr) natürlich etwas umschreiben muss ^^]. Sein Gegner wollte offenbar seine Außenseiterrolle aktiv nutzen und präsentierte Bernd einen Holländischen Kampfaufbau. Da Bernd die entsprechende Leningrader Variante aber auch schon mal mit vertauschten Farben erprobt hatte, ließ der sich freilich nicht ins Bockshorn jagen. An einer Stelle hatte Bernd wohl auch wirklich noch eine aussichtsreichere Möglichkeit drinne, mit der er den an und für sich sehr gut agierenden Gegner womöglich dennoch noch in ernstere Schwierigkeiten hätte bringen können, doch der zweitbeste Zug war wohl nicht gut genug, noch mehr rausholen zu können.

Während Bernd sich so trotz seines von der Papierform her nicht unerheblichen Ratingübergewichts angesichts des Spielverlaufs und der gegnerischen Leistung dennoch keine Vorwürfe machen sollte, nicht noch mehr erreicht zu haben, mussten unsere anderen beiden Starter letztlich wohl nicht nur ihrer Außenseiterrolle, sondern mehr wohl noch ihrer mangelnden Erfahrung Tribut zollen …

 

… Manuel Zöller hatte in einer recht symetrischen Position mit beiderseitigem Königsfianchetto eigentlich so weit ordentlich gespielt, bis er einen wohl bereits fatalen positionellen Fehler beging, indem er dem Gegner durch Figurentausch auf e4 die f-Linie öffnete, worüber sich wohl der dort schon befindliche gegnerische Turm ganz besonders gefreut haben dürfte. In einer positionell perspektivlosen Stellung ohne Gegenspiel, in der der Gegner in der Folge dann zum Zeitpunkt seiner Wahl noch jederzeit den gegnerischen e-Bauern hätte abholen können und einem sich dann anbahnendem gegnerischen Angriffsspiel entgegenschauend, streckte Manuel noch recht frühzeitig, aber keineswegs unberechtigt die Waffen.

Etwas anders, aber letztlich nicht besser erging es da unserem Jüngsten. Nils Wurmbauer wurde mit Schwarz spielend wohl zum ersten Mal überhaupt mit dem Schottischen Gambit konfrontiert und musste so entsprechend selbst den Kopf darüber anstrengen, was man dagegen am besten tun sollte, was ohne Kenntnisse da nicht einfach ist. Bereits im zweiten Zug danach verfiel er auf einen Springerzug, den die Turnierwelt bis dato offenbar noch nie gesehen hatte und der wohl auch nicht das Gelbe vom Ei, aber irgendwo noch halbwegs spielbar war, zumal auch der Gegner wohl nicht die beste Entgegnung fand. Letztlich fand die Partie wieder ungefähr ins Gleichgewicht, bis Nils letztlich infolge eines schlechten Turmzugs zweizügig eine Qualität abhanden kam, was der Gegner aufmerksam erspäht hatte. Dieser spielte danach gegen die obendrein nun geschwächte schwarze Königsstellung auch insbesondere taktisch weiterhin richtig gut, so dass Nils chancenlos blieb und am Ende entsprechend eine Niederlage quittieren musste.

Insofern gilt es unterm Strich nun wohl, sich kurz zu schütteln oder den Mund abzuwischen, um sich nun morgen in die nun tendenziell wohl noch wichtigere dritte Runde voll konzentriert „reinzuhängen“, um den Turnierverlauf wieder in die gewünschte Richtung zu biegen…

[23:00 Uhr: so, die Auslosung ist nun im Netz]
In der morgen Vormittag ausgespielten dritten Runde bekommt es Bernd Grill im A-Turnier als Nachziehender mit Michael Romfeld (SAbt TSV Haunstetten, DWZ 2034 / ELO 2065, Jg.65) zu tun [Nachtrag 04.08. 9:20 Uhr: …gegen den unser Protagonist bereits im Vorjahr mit derselben Farbverteilung anzutreten hatte, worauf dieser den Berichterstatter gerade telefonisch hingewiesen hat! Da hatte es jedenfalls letztlich zu einem Sieg gereicht, der aber durchaus umkämpft gewesen sein soll].

Unsere beiden Jüngeren bekleiden im B-Open gegen ihre jeweiligen Gegner (dabei Nils mit Weiß und Manuel mit Schwarz spielend) eine ähnliche Favoritenrolle.

[Nachtrag 04.08. 0:30 Uhr: alle Partien (zumindest teilweise angereichert mit Kommentaren und Varianten) unserer drei Turnierteilnehmer können nun von Vereinsmitgliedern mit Account nach dem Login in der Rubrik „Datenbanken“ angeschaut werden! Nach den einzelnen Folgerunden soll diese Sammlung entsprechend weiter komplettiert werden]

22:35 Uhr: nachfolgend nun noch Bernd´s Partie der aktuellen Runde in kommentierter Form …

[Event "Augsburger Friedenfest-Open"] [Site "?"] [Date "2017.08.03"] [Round "2"] [White "Grill, Bernd"] [Black "Ostermann, Martin"] [Result "1/2-1/2"] [ECO "A87"] [Annotator "Mi. Rupp"] [PlyCount "51"] {Angesichts der Ratingdifferenz und des Umstands, dass Bernd die weißen Steine führen konnte, kann er von der Papierform her wohl nicht umbedingt glücklich über die letztliche Punkteteilung sein, doch der Gegner spielte halt seinen Aufbau auch wirklich gut. Dennoch hatte Bernd wohl an einer (aber wohl wirklich auch nur einer) Stelle die Möglichkeit, trotz der guten Performance des Gegner vielleicht noch mehr zu erreichen ...} 1. Nf3 f5 {wer das spielt, ist normalerweise eher auf Krawall gebürstet. Insofern war der gegnerische relative Underdog wohl nicht gewillt, sich mehr oder weniger widerstandslos in sein Schicksal zu ergeben ...} 2. d4 Nf6 3. g3 {bekanntlich der Standartaufbau gegen jede Art von Holländisch} g6 4. Bg2 Bg7 5. O-O O-O 6. c4 ({der israelische GM Boris Avrukh propagiert in seinem bekannten Repertoirewerk zu 1.d4 hier stattdessen} 6. b3 $5 {, wobei Weiß da manchmal auf baldiges c2-c4 wie in der Partie geschehen verzichtet. Bernd hat an und für sich dieses Theoriewerk und wusste ganz bestimmt auch über diese Tatsache Bescheid ...}) 6... d6 7. Nc3 Qe8 {dieser Zug wurde hier, wo Schwarz schon zahlreiche andere Züge ausprobiert hat, bis dato am öftesten gespielt: Die Dame möchte von hier aus den Gegenstoß ...e5 unterstützen, wie gleich zu sehen sein wird ...} 8. b3 (8. d5 {wird hier noch öfter angewandt, um dem geplanten gegnerischen Gegenstoß gewissermaßen den Schwung zu nehmen}) 8... e5 9. dxe5 {die Standartantwort} dxe5 10. Ba3 {nun wird klar, was sich Weiß bei seinem 8.Zug dachte} ({es sollte wohl darauf hingewiesen werden, dass zunächst} 10. e4 {hier noch deutlich öfter gespielt wird als der (dennoch gute) Partiezug}) 10... Rf7 {was sonst?!} 11. Qc2 $5 ({auch hier wird wieder} 11. e4 {öfter gespielt}) 11... Nc6 {so spielte auch eine deutlichere Mehrheit der Vorgänger, bekommt Schwarz doch manchmal wirklich die Möglichkeit, in der Folge seinen Springer wirksam nach d4 zu spielen. Außerdem muss ja irgendwann auch mal der Damenflügel entwickelt werden} 12. Rad1 {dito} e4 $6 { wenn der Gegner irgendetwas falsch gemacht haben sollte in der Eröffnungsphase, dann wohl hier, denn bereits damit räumt Schwarz wohl die aussichtsreiche gegnerische Möglichkeit im 16.Zug ein ...} (12... h6 $5 {war wohl besser, um damit den folgenden Partiezug zu unterbinden ...}) 13. Ng5 $1 Rd7 14. Nb5 $1 h6 $1 15. Rxd7 $1 Bxd7 $8 (15... Qxd7 $4 16. Rd1 $18 {[%csl Yb5, Rc7,Rd7]}) 16. Nh3 {damit ließ Bernd womöglich (oder sollte man sogar von "wahrscheinlich" sprechen?) eine gute und vielleicht einzige Chance auf einen anderen Partieausgang aus ...} ({meine Engine zieht hier} 16. Nxe4 $1 { signifikant deutlicher vor. Kann gut sein, dass Schwarz danach ernsthaftere Probleme bekommt:} Nxe4 (16... fxe4 17. Nxc7 Qd8 18. Nxa8 Qxa8 19. Bb2 $16 { [%csl Re4] und der schwarze e-Bauer schwächelt ziemlich}) 17. Nxc7 Qd8 18. Nxa8 Qxa8 19. Bxe4 fxe4 20. Qxe4 Kh7 $14 {hier wiegen die weißen Mehrbauern wohl mehr als das übrige Figurenplus des Nachziehenden, doch sollte der auf Basis seines Läuferpaares auch nicht chancenlos sein}) 16... Rc8 $1 17. Nf4 a6 $1 {damit dürfte Schwarz die erste Initiative des Anziehenden erfolgreich zurückwerfen und sich annähernd gleiche Chancen sichern können ...} 18. Nc3 $8 Ne5 (18... Rd8 $5) (18... Qf7 $5) 19. Nfd5 Kh7 20. Nxf6+ Bxf6 21. Nd5 Bg7 22. Bb2 (22. Rd1 $5 {war vielleicht einen Tick besser, aber wohl auch nur mit eher akademischem weißen Vorteil}) 22... Be6 (22... c6 $5 23. Nb6 Rd8 $11 { findet meine Engine einfacher, die hier völligen Gleichstand konstatiert}) 23. f3 (23. Rd1 $5) 23... exf3 24. exf3 Bxd5 $1 {wohl vollkommen berechtigt, hier das Läuferpaar für den starken weißen Springer abzutauschen, der ansonsten Schwarz weiterin auf Trab halten bzw. nerven könnte} (24... c6 $5 25. Nf4 Bf7 {dürfte allerdings durchaus ebenfalls möglich sein}) 25. cxd5 Nd7 ({einen Tick stärker könnte hier das überraschende} 25... Nd3 $1 {sein, wenngleich meine Engine auch hier nach etwa} 26. Bxg7 (26. Qxd3 Bxb2 {sollte ebenfalls recht ausgeglichen sein}) 26... Qe3+ 27. Kh1 Kxg7 28. f4 $11 {völliges Stellungsgleichgewicht konstatiert}) 26. Bxg7 {hier verständigten sich die beiden Kontrahenten auf remis, was dem Berichterstatter zumindest nicht unberechtigt erscheint. Auch er hätte sicherlich nicht mehr viel Hoffnung gehabt, in der Folge noch von der Papierform her rund 200 DWZ-Punkte Übergewicht zur Geltung bzw. aufs Brett bringen zu können} 1/2-1/2

 

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