WJEM 2018: Nach Fehlstart noch das Beste draus gemacht

Von vergangenem Dienstag bis zum heutigen Samstag fanden in Lindau am Bodensee die diesjährigen Württembergischen Jugendeinzelmeisterschaften („WJEM“) statt. Mit von der Partie als amtierender Bezirksmeister seiner Altersklasse war von unserem Verein auch Nils Wurmbauer, der dieses Jahr erstmalig in der Altersklasse U14 anzutreten hatte. Unter den hier insgesamt 26 Teilnehmern war Nils mit seiner aktuellen Ratingzahl an Position sechs gesetzt. Dennoch war von vornherein klar, dass er ganz vorne um den Turniersieg sicherlich nicht mitspielen konnte, waren im Teilnehmerfeld auch Jungens, die noch annähernd zwei Jahre älter sind und entsprechend ihre Ratingzahl bereits über die 2000-DWZ-Grenze geschraubt haben, von der Nils momentan mit seinen 1733 DWZ doch noch ein ziemliches Stück weit entfernt ist.

Nils vor Turnierstart mit seinem Teilnehmerausweis

Es sei da bereits vorweggenommen, dass am Ende dann auch der Setzlistenerste Tobias Kölle (TSV Schönaich), der trotz seiner Jugend mit 2140 DWZ bereits eine Ratingzahl von erwachsenem Oberligaformat vorweisen kann, mit 6,5/7 und einem ganzen Punkt Vorsprung seiner doch deutlicheren Favoritenrolle vollauf gerecht zu werden vermochte.

Obwohl Nils anfangs auf von der Papierform her doch eher schwächere Gegner traff, gelang der Start ins Turnier ganz und gar nicht; Die Startpartie, in der ihm gegen Ende der Eröffnungsphase im Zuge einer unharmonischen Figurenaufstellung letztlich ein Bauer bei anhaltendem gegnerischen Angriff abhanden kam und durch einen missglückten Schwindelversuch beschleunigt in einen recht schnellen gegnerischen Mattangriff mündete, ging verloren. Und in der zweiten Partie lief es leider nicht besser …

[Event "WJEM 2018"] [Site "?"] [Date "2018.04.04"] [Round "2"] [White "Wurmbauer, Nils"] [Black "Baron, Simon"] [Result "0-1"] [ECO "C50"] [Annotator "Mi. Rupp"] [SetUp "1"] [FEN "3r1nk1/1p2rpp1/p5bp/2ppP3/B2P2P1/2P2N1P/PP3P2/R4RK1 b - - 0 24"] [PlyCount "7"] [EventDate "2018.??.??"] [EventType "swiss"] [EventCountry "GER"] [SourceDate "2016.11.22"] {Der Gegner, dem in der Anfangsphase ein Bauer abhanden gekommen war, für den er an und für sich keine ausreichende Kompensation hätte bekommen sollen, hatte die dann durch Nils´ suboptimales Spiel dann schließlich doch noch bekommen ...} 24... Ne6 $1 $44 {die Engine zeigt hier nun trotz des Mehrbauern keinen Vorteil mehr an. Dennoch hätte Nils wohl intakte Chancen auf vielleicht doch noch mehr als einen halben Punkt behalten, wenn ihm nun nicht der folgende schlimme Fauxpas unterlaufen wäre ...} 25. Rad1 $4 {Offenbar hat Nils nur die Drohung ...Le4 und die damit verbundenen Probleme mit seinem d-Bauern erkannt oder aber die zweite - die ihm nun zum Verhängnis wird - zumindest wieder vergessen ...} (25. Rfe1 Be4 26. Bd1 $1 (26. Nd2 cxd4 27. cxd4 Nxd4 28. Rac1 Bd3 $1 $15) 26... Bxf3 27. Bxf3 cxd4 28. Rad1 $1 dxc3 29. bxc3 $11) ({am einfachsten war wohl} 25. dxc5 Nxc5 26. Bb3 $11) 25... b5 $1 $17 { [%csl Ra4,Gc2,Rd1,Gg6] da der weiße Td1 dem Läufer quasi den Fluchtweg verstellt hat, kommt nun noch deutlich mehr abhanden als lediglich ein Bäuerchen ...} 26. Bb3 c4 $1 {[%csl Rb3] nun steht Weiß zumindest bereits hart auf der Kippe zum Verlust, bleibt er doch im besten Fall auf einem nominellen Minusbauer (zwei Bauern für den abhanden kommenden Läufer) sitzen. Durchaus nachvollziehbar nun wohl von einem Anflug an Panik befallen, reagierte Nils nun leider auch noch impulsiv, was die Lage nur noch verschlimmbesserte ....} 27. a4 $2 cxb3 $19 {Die Engine zeigt hier ca. 3,3 Bauerneinheiten schwarzen Vorteil an, so dass Nils letztlich (noch lange) für eine bereits verlorene Sache kämpfte, die sich in der Folge auch nicht mehr umbiegen ließ (0:1/70)} 0-1

Nach diesem denkbar schlechten Turnierstart konnte bei der insgesamt doch eher kurzen Turnierdistanz das Motto für den Rest des Tuniers eigentlich nur noch „Schadensbegrenzung“ lauten; zumindest rein schachlich dürfte die Anfangsmotivation und -stimmung zu diesem Zeitpunkt wohl bereits ziemlich eingetrübt gewesen sein. In dieser psychologisch schwierigen Situation vermochte Nils nun aber doch, sich ordentlich zusammenzureißen und so in der Folgerunde gegen einen von der Papierform her ähnlich gerateten Gegner wie zuvor den ersten vollen Punkt einzufahren …

[Event "WJEM 2018"] [Site "?"] [Date "2018.04.04"] [Round "3"] [White "Schuler, Daniel"] [Black "Wurmbauer, Nils"] [Result "0-1"] [ECO "C54"] [Annotator "Mi. Rupp"] [SetUp "1"] [FEN "6k1/pp2r1pp/2p5/8/P1pP2P1/8/1P3PP1/3R1K2 b - - 0 33"] [PlyCount "21"] [SourceDate "2016.11.22"] {Nachdem Nils in der ersten Partiehälfte doch etwas schlechter zu stehen gekommen war, vermochte er nachfolgend dem Stellungsausgleich näher und näher zu rücken. An und für sich sprach aber wohl viel dafür, dass letztlich nicht mehr als ein halbes Pünktchen zu gewinnen war, wenn der Gegner nun nicht daneben gegriffen hätte ...} 33... Kf7 $1 34. Re1 $2 {dieser Übergang ins reine Bauernendspiel verliert - ein eindrückliches Beispiel dafür, dass man NICHT immer mit jedem Abtausch mehr auch einem angestrebten Remis näher kommt!} (34. Rc1 $1 {und es wäre noch alles andere als klar, ob Schwarz zu gewinnen vermag}) 34... Rxe1+ $1 $19 {Die Engine zeigt nun einen klaren Gewinnvorteil von rund drei Bauerneinheiten an} 35. Kxe1 Ke6 36. Kd2 a5 $6 (36... Kd5 37. Kc3 a5 (37... b5)) 37. Kc3 $2 (37. g5 $8 {war zu versuchen, reicht wohl aber auch nicht mehr zur Rettung; man sehe z.B.} Kd5 (37... g6 { geht wohl auch}) 38. f4 g6 (38... Kxd4 39. f5 Ke5 40. g4 {gewinnt offenbar auch für Schwarz})) 37... Kd5 38. f3 b5 39. b4 axb4+ 40. Kxb4 bxa4 41. Kxa4 Kxd4 42. Ka3 Kd3 43. Kb2 Kd2 0-1

Auch die Folgepartie vermochte Nils gleich noch zu gewinnen, nachdem er durch gutes Spiel spürbar das Ruder an sich reißen konnte und sich der Gegner in dem resultierenden Schwerfigurenendspiel zu passiv verhalten hatte …

[Event "WJEM 2018"] [Site "?"] [Date "2018.04.05"] [Round "4"] [White "Wurmbauer, Nils"] [Black "Alkabetz, Michael"] [Result "1-0"] [ECO "B12"] [Annotator "Mi. Rupp"] [SetUp "1"] [FEN "5k2/1pr1rq2/pQPRp3/P2pPp2/3P2p1/2R1P1Pp/4K2P/8 b - - 0 39"] [PlyCount "18"] [SourceDate "2016.11.22"] 39... Qe8 $2 {solch passives Abwarten ist nun zum Scheitern verurteilt ...} ( 39... f4 $1 {hätte Schwarz umbedingt vesuchen müssen, um so der eigenen Dame eine Türe für einen Infiltrierungsversuch in die gegnerische Stellung zu verschaffen:} 40. exf4 Qf5 {[%cal Rf5e4] Es ist nun bereits sehr unklar, ob für Weiß noch ein Gewinn möglich ist; man sehe z.B.} 41. Kd2 Qe4 $1 {[%csl Rh2][%cal Re4g2]} 42. Re3 {[%cal Ge4g2,Ge3e2]} Qh1 $1 {[%csl Rh2]} 43. Re2 Qa1 $1 {und die nun überaus agile schwarze Dame könnte Schwarz doch noch retten} 44. f5 $6 {wäre jedenfalls nicht gut genug:} Qa2+ 45. Ke1 Qa1+ 46. Kf2 Qh1 $1 $11 {die Engine zeigt nun "0.00" an} 47. f6 $5 Qxh2+ 48. Ke1 Qxg3+ {[%csl Yg4, Yh3] und nach wie vor ist die Stellungsbewertung "0.00" zu lesen}) 40. Kd2 $1 $18 Qc8 $6 (40... f4 $8 41. exf4 Qg6 {wäre nun bereits zu spät nach jedenfalls} 42. Rd8+ $1 Kg7 43. Rb8 $1 {Man sehe:} Qe4 $6 44. Rxb7 Qg2+ 45. Kc1 Qg1+ 46. Kb2 Qxh2+ 47. Rc2 Rxb7 (47... Qxg3 48. Rxc7) 48. cxb7 Qxc2+ 49. Kxc2 h2 {und nun am einfachsten} 50. Qb1 {[%cal Gb1h1,Rb7b8]}) 41. cxb7 $1 Qxb7 42. Rxc7 $1 ({oder} 42. Rxe6 $1) 42... Rxc7 43. Rxe6 $1 Qc8 (43... Qxb6 44. axb6 { [%csl Yb6,Rd5,Rf5] reicht bei Weitem auch nicht mehr zur Rettung}) 44. Rf6+ ( 44. Qd6+) 44... Kg7 45. Rg6+ {#9} Kf7 $6 {nun fand Nils den schnellsten Weg zum Matt:} (45... Kh7) 46. Qf6+ $1 {#2} Ke8 47. Rg8+ Kd7 48. Qd6# 1-0

Damit wieder zurückgekämpft auf einen 50%-Score, hätte Nils nicht zuletzt zur Eindämmung des bis dato dennoch drohenden Ratingverlustes an sich gerne aus eigener Kraft gegen einen recht guten Gegner, gegen den er bei den Bezirksmeisterschaften schon mal zu spielen hatte und sich da remis trennte, die Partie gerne ausgekämpft, doch der sah sich offenbar aus irgendwelchen Gründen nicht in der Lage anzutreten.

Nach diesem kampflosen Sieg vermochte Nils zumindest entsprechend im Gesamtklassement noch weiter nach vorne aufzurücken. Nun in der Vorschlussrunde folgte gegen einen nominell etwas schwächeren Gegner in einer nicht allzu aufregenden und relativ ausgeglichenen Partie ohne nennenswerte Chancen für beide Gegner, in der Nils mit Schwarz spielend wohl bis zum Ende einen Tick schlecher stand, ein Remis.

In der Schlussrunde bekam er es nun noch mit seinem bis dato nominell stärksten Gegner von annähernd gleichwertigem Format zu tun. Von Nils´ (mal wieder) etwas (sagen wir mal…) eigenwilliger Eröffnungsinterpretation offenbar angestachelt, opferte der Gegner recht frühzeitig eine Leichtfigur, was aber doch etwas allzu optimistisch war. Nachdem Nils dem aber nicht optimal zu begegnen verstand, vermochte der Gegner noch längere Zeit mit drei Bauern für die geopferte Leichtfigur im Spiel zu bleiben, wobei aber unser Protagonist das Ruder stets noch in der Hand zu behalten vermochte und vor allem auch die anfälligeren gegnerischen Bauern und Nils´ Besitz eines wirksamen Läuferpaares letztlich den entscheidenden Unterschied ausmachten. Im 44.Zug bekannte sich der Gegner dann letztlich geschlagen.

Nils (li.) während seiner Partie der vierten Runde

So vermochte Nils mit der Gesamtbilanz von 4,5/7 im Gesamtklassement noch bis auf einen sehr ordentlichen siebten Gesamtrang zu klettern; nach dem doch verpatzten Start war das wohl kaum mehr für möglich zu halten gewesen. Lediglich ein einziger Spieler mit niedrigerer DWZ konnte sich am Ende noch vor Nils platzieren. Dennoch gilt es für ihn – um den größtmöglichen Nutzen aus der Turnierteilnahme zu ziehen, die Partien mit Hilfe der angefertigen Partieanalysen des Berichterstatters nochmals gründlich aufzuarbeiten; dieser kann jedenfalls insbesondere in Nils´Eröffnungsspiel und dem hier benötigten richtigen Gefühl für die passenden Figurenstandorte noch reichlich Verbesserungspotenzial erkennen.

 

 

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