Der vergangenes Jahr verstorbene Großmeister Wolfgang Uhlmann war der stärkste Spieler, den die DDR jemals hervorbrachte. Er konnte im Laufe seiner schillernden Karriere etliche Weltmeister besiegen und hätte in dem folgenden Fragment eine gute Gelegenheit gehabt, sich den Skalp von Exweltmeister Vasily Smyslov zu sichern.
Smyslov – Uhlmann, Moskau 1960
Schwarz am Zug
Wolfgang Uhlmann opferte in dieser unausgewogenen Stellung stark mit 1… Th6xh4! die Qualität. Erstaunlicherweise setzte er aber nach dem erzwungenen 2. g3xh4 fehlerhaft mit 2… Le4-f3? fort und verlor letztlich. Man beachte aber, dass stattdessen das naheliegende 2… Tg8-g2 mit dem zu erwartenden 3. Te1-e2 beantwortet wird. So leicht ist der Vorteil somit nicht zu erlangen, aber dennoch wäre Uhlmann hier die Option auf eine für ihn vorteilhafte Stellung zur Verfügung gestanden – aber wie?
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Der richtige Zug war in der Tat 2… Tg8-g2!, doch macht dieser Zug nur dann wirklich Sinn, wenn man die Widerlegung des Antwortzuges 3. Te1-e2 schon im Voraus erspäht hat: mit 3… Sd5-c3+!! kann Schwarz seinen Gegner vor ein Dilemma stellen. Das Nehmen des Springers ist erzwungen, da ansonsten der aufgegabelte Turm ersatzlos verloren ginge. Nimmt aber die Dame, dann hinge der Turm auf e2. Auf die andere Möglichkeit 4. Lb2xc3 holt sich Schwarz mit 4… Dc6-b5+ die geopferte Qualität mit Hilfe des Doppelangriffs gegen den weißen König und e2 zurück und behält in beiden Fällen reelle Gewinnchancen. Im Eifer des Gefechts hatte Uhlmann wohl das kühne Springerschach verpasst und musste dafür teuer bezahlen!