Stuttgarter Stadtmeisterschaft 2025: Nils Wurmbauer überragend

Mit zwei Startern war der SVE heuer bei der Stuttgarter Stadtmeisterschaft vertreten, die in der Stadthalle Ditzingen in drei Kategorien ausgetragen wurde. Nils Wurmbauer und Bernd Grill starteten beide im A-Open und malten sich natürlich etwas aus. Letztlich spielte Nils Wurmbauer das vielleicht beste Turnier seines Lebens, während Bernd Grill nach gutem Start mit einer ausgeglichenen DWZ-Bilanz Vorlieb nehmen musste.

Für die Highlights sorgte jedenfalls der Jungspund. Gleich in der ersten Runde rang er nach recht harmlos verlaufener Eröffnung seinen Gegner, einen jungen FIDE-Meister, Jahrgang 2011, mit einer schon beachtlichen ELO-Zahl von 2335, in einem scharfen Doppelturmendspiel sehenswert nieder:

Schwarz muss hier schon gehörige Vorsicht walten lassen, denn sein auf b3 verirrter Turm ist vollkommen außer Spiel, und die Gefahren für seinen König sind ausgesprochen real. Es dauerte prompt nicht lange, bis Nils mit den weißen Steinen von einem gegnerischen Fehler profitieren konnte.
Es folgte 41… Te6-e7 42. Tf1-f6 Kg7-h8?, was Schwarz bereits in Schwierigkeiten bringt. Umsichtiger war 42.. Kg7-g8, aber welcher Engine dieser Welt kann man schon erklären, was Adrenalin bedeutet?! Es folgte 43. Kg5xg6 Te7-g7+ 44. Kg6-f5, wonach Schwarz am besten mit 44… Kh8-g8 hätte fortsetzen sollen. Nach dem sorglosen 44… b6-b5?? war der Ofen dagegen aus. Es ging danach weiter mit dem sehr starken  45. Tf6-f8+ Tg7-g8 46. Tf1-h1+ Kh8-g7 47. Tf8-f6! Tf8-d8 (es rettet auch nicht 47… Tf8-e8 wegen der geballten Dominanz des Weißen nach 48. Tf6-g6+ Kg7-f8 49. Kf5-f6) 48. Tf6-g6+ Kg7-f7 49. Th1-h7+ und der schwarzen Aufgabe nach 49… Kf7-f8 50. Th7-h8+. Welch ein Auftakt!

Eine Niederlage in Runde 2 warf Nils nicht wirklich zurück, denn nach einem fast mühelosen Pflichtsieg in Runde 3 gegen einen jungen und noch recht unerfahrenen Gegner bekam er es fortan wieder mit stärkeren Gegnern zu tun. Er spielte gegen drei größere Kaliber in Folge remis, wobei er die Partie aus Runde 5 wohl sein Leben lang nicht mehr vergessen dürfte:

Hier schwante Nils mit den schwarzen Steinen offenbar nichts Böses, doch sein Gegner hatte nach dem Zug 15. Sf3-g5! die Partie höchstwahrscheinlich schon als gewonnen abgehakt. Nach dem erzwungenen 15… Lb7xg2 folgte das scheinbare vernichtende 16. Td1xd7!, denn was soll Schwarz jetzt tun? Weiß droht einfach im nächsten Zug den lebenswichtigen Verteidiger auf f6 zu beseitigen. Es folgte jedoch zum Entsetzen des Gegners der Zug 16… Lg2-e4!!, den Nils am Brett fand und der den Laden wirklich zusammenhält. Wenn Weiß mit der Dame auf e4 schlägt, nimmt Schwarz einfach zurück, wonach der weiße Läufer hinge. Also musste sich Weiß auf 17. Td7xe7 Lg6xc2 18. Te7-b7 Td8-b8 19. Tb7xb8 Tf8xb8 20. Tf1-c1 Lc2-g6 21. Tc1-d1 mit nur geringem Vorteil einlassen. Das war aber noch nicht das Ende dieser irren Partie, denn etliche Züge später kam es noch zu folgender Stellung, die Weiß nicht zu seinen Gunsten verwerten konnte:

 

Der tragikomische Springer auf a8 spricht Bände, aber Weiß kann trotzdem nicht gewinnen!
Einfach unglaublich!

Nach drei respektablen Punkteteilungen überspielte er in der Schlussrunde seinen ebenfalls stärker eingestuften Gegner noch nach allen Regeln der Kunst und beendete das Turnier mit 4,5 Punkten und einem satten Zugewinn von etwa 60 DWZ-Punkten.

Konnte sich ein breites Grinsen nicht verkneifen: Nils Wurmbauer

Bernd Grill lieferte dagegen in seinen Partien nur wenige wirklich bemerkenswerte Momente. Die sehenswerteste Episode ereignete sich nach den beiden Auftaktsiegen:

Sein persönliches Highlight war die in Runde 3 mit viel Mühe abgewendete Niederlage gegen FM Enis Zuferi vom Heilbronner SV. Schwarz schien nach der soeben erfolgten langen Rochade das Ärgste bereits überstanden zu haben, doch nach 20. Sc3-d5! brach der Sturm erneut los: nicht nur der hängende Läufer bereitet Schwarz Sorgen, sondern auch seine exponiert stehende Dame, der plötzlich die Felder auszugehen drohen. Es folgte 20… Sg7-e8 21. Te1-e3 Kc8-b8 22. Te3-a3. Mag sein, dass die Engine in dieser Stellung objektiv den Zug 22… Da5-b5 favorisiert, aber Bernd hatte hier schon von langer Hand 22… Da5xa3!? geplant und wurde nach 23. b2xa3 c6xd5 erneut durch einen von ihm übersehenen Zug überrascht. Mit 24. Dc2-h2+! entfernte Weiß mit Tempogewinn die Dame aus ihrer prekären Position auf der c-Linie. Nach 24… Kb8-a8 25. Le4-c2 stand Weiß zwar weiterhin fraglos besser, aber er hatte nach 25… Lf6-e7 26. Sf3-e5 Se8-d6 27. Td1-f1 Ld7-b5 bereits zuviel Bedenkzeit verbraten und willigte letztlich ins Remis ein.

Bernd Grill spielte wie zuletzt am Tegernsee eher durchwachsen

Die Bilanz unseres Spitzenbretts: Bernd Grill gewann seine beiden Auftaktpartien gegen schwächere Gegner und hielt danach gegen zwei stärkere Gegner remis. Die Niederlage in Runde 5 gegen den dritten FIDE-Meister warf ihn allerdings wieder zurück, wonach sein Elan gebrochen schien. Mit zwei farblosen Kurzremisen zum Schluss beendete er das Turnier mit 4 Punkten und bestätigte damit seine Wertungszahl – nicht mehr und nicht weniger.

Unser passives Mitglied Rainer Wolf holte 3,5 Punkte und zeigte sich dabei im Hinblick auf reihenweise höher eingestufte Kontrahenten gut erholt von seinen zuletzt zwei schwachen Auftritten in Schwäbisch Gmünd und Bad Wörishofen.

Notabene: unser ehemaliges Mitglied Lisa Bressmer spielte übrigens im B-Open mit und darf sich angesichts starker Gegnerschaft über 3 Punkte aus 7 Partien und einen satten Zugewinn an DWZ-Punkten sehr freuen.

 

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