Verbandsliga Süd 2024/25 Runde 3:
SV Nürtingen – SVE 3,5:4,5
Das schon im Vorfeld als schwierig eingeschätzte Gastspiel am Neckar erwies sich als die erwartet enge Kiste, die von der Ersten des SVE letztlich gut gemeistert wurde. Die Gastgeber hatten ihrerseits die volle Kapelle aufgeboten, so dass ein harter Kampf bevorstand – dennoch wollten wir uns unbedingt für die Niederlage unserer 2. Mannschaft eine Woche zuvor gegen die Zweite von Nürtingen revanchieren. Die annähernd gleiche Spielstärke beider Teams manifestierte sich auch in einer großen Zahl an Punkteteilungen, so dass letztlich nur drei Partien über den Ausgang des Matches entschieden.
Traditionell wird in Nürtingen an einer einzigen langen Tischreihe gespielt
Bernd Grill (1) machte diesmal als erster Spieler Feierabend, nachdem er – für ihn eher ungewohnt – nichts aus der Eröffnung herauszuholen vermochte und die vom starken Gegner offerierte Punkteteilung annahm. Auch Hartmut Hehn (5) spielte eine grundsolide Partie, in der allerdings frühzeitig viel Material getauscht wurde und dem Gegner keine ernsthaften Aufgaben gestellt wurden – so war auch hier das frühe Remis ein folgerichtiges Ergebnis. Die Serie an friedlichen Ergebnissen fand ihre weitere Fortsetzung an den Brettern von Michael Mehrer (7), dessen Stellung nicht mehr als Ausgleich versprach, und Nils Wurmbauer (4), der seinem starken Gegner recht mühelos mit Schwarz einen halben Punkt abknöpfte. So waren nach nicht einmal zwei Stunden bereits vier Partien beendet, ohne dass sich am Status quo bislang etwas Entscheidendes geändert hatte. Bewegung kam in die seltsam festgefahrene Situation erst, als Dietmar Kessler (3) in ebenfalls ausgeglichener Stellung von einer Halluzination seines Gegners profitieren und ersatzlos eine Qualität einstreichen konnte – letztlich ein geschenkter halber Punkt, der von uns dankend angenommen wurde. Übrigens hatte Dietmar heute zum ersten Mal in seinem Leben mit Weiß einen offenen Sizilianer auf dem Brett!
Das bemerkenswerteste Konzept des Tages zauberte jedoch Ulrich Junger (8) aufs Brett:
Hier verzichtete Uli ohne echten Grund auf das naheliegende 13… f6-f5, was ihm gutes Spiel eingebracht hätte. Stattdessen wählte er offenbar bei vollem Bewusstsein 13… 0-0-0?!, weil er nach 14. f4-f5 eine Idee erspäht hatte, die ihn in ihren Bann gezogen hatte: er spielte hier in Form von 14… d6-d5!! den Zug des Tages, der tatsächlich auch von der Engine leicht favorisiert wird. Zwar hätte es ohne die klar bessere Alternative im vorigen Zug gar nie zu dieser verwickeltenen Stellung kommen müssen, aber dann hätte es die Partie nie in dieser Form in den Bericht geschafft! Objektiv ist der Wert der Idee zweischneidig, aber die praktischen Probleme, die sich dem Anziehenden nun am Brett stellten, erwiesen sich als zu viel für den Gegner. Nach 15. c4xd5 Se7xd5 16. e4xd5 Dd7xd5 musste Weiß gleich die schwere Entscheidung treffen, welche Figur nach f3 gehört. Die bessere Option ist das kaltblütige 17. Sg1-f3 e5-e4 18. Sf3-d2 e4xd3 19. 0-0! mit verteilten Chancen; er entschied sich hier jedoch für die schlechtere Wahl 17. Dd1-f3?! und wurde nach 17… Dd5xd3 18. Ke1-f2 Sc6-d4! 19. Le3xd4 Dd3xd4+ 20. Df3-e3 Dd4xb2+ 21. Sg1-e2 Db2-c2 weiter in die Defensive gedrängt. Hier bestand seine letzte Chance auf verteiltes Spiel in 22. Th1-c1 Dc2xf5+ 23. Kf2-g1 Kc8-b8 24. Tc1-f1 oder auch das sofortige 22. De3xa7. Stattdessen klammerte sich Weiß mit dem zögerlichen 22. De3-f3? an sein Material und wurde dafür nach der energischen Fortsetzung 22… Td8-d3 23. Df3-e4 Dc2-c5+ 24. Kf2-g2 Td3-e3 25. De4-g4 h7-h5 mit Rückgewinn der Figur schnell zerfleddert.
Was für ein verblüffendes Konzept!
Somit ging der SVE plötzlich und unversehens mit 4:2 in Führung, so dass ein weiterer halber Punkt zum Gesamtsieg ausreichen sollte – diesen hätte Werner Junger (6) eigentlich abliefern sollen, nachdem er als Nachziehender ohne Probleme aus der Eröffnung gekommen war. Er stand lange Zeit sogar spürbar besser, verlor aber binnen dreier Züge komplett den Faden und verwandelte seine Position leider mit planlosem Spiel in eine komplette Ruine, die der Gegner nur noch stürmen musste – eine ärgerliche und komplett vermeidbare Niederlage. So blieb es Michael Rupp (2) vorbehalten, den ersehnten letzten halben Zähler zu liefern. Michael stand mit den schwarzen Steinen in einer recht trockenen Stellung meist sogar leicht besser und ließ einmal eine gute Gewinnchance aus, doch im Sinne des Teams stellte er die Gewinnversuche bald ein und sicherte so den Mannschaftssieg. Ein weiteres Kuriosum bei diesem zähen Ringen war die Tatsache, dass bereits nach dreieinhalb Stunden alle Partien beendet waren – das erlebt man in der Verbandsliga auch nicht alle Tage! Fast wäre unser Kiebitz Manuel Roosz von der Dritten umsonst nach Nürtingen gekommen …
Hier das Endergebnis in der Übersicht:
Brett | SV Nürtingen 1 | SV Ebersbach 1 | Brettpunkte | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Mehne, Claudius | Grill, Bernd | 1/2 : 1/2 | ||
2 | Weigand, Bernhard | Rupp, Michael | 1/2 : 1/2 | ||
3 | Mareck, Sascha | Kessler, Dietmar | 0:1 | ||
4 | Aring, Gerd | Wurmbauer, Nils | 1/2 : 1/2 | ||
5 | Auch, Stefan | Hehn, Hartmut | 1/2 : 1/2 | ||
6 | Schwarz, Arnd-Rüdiger | Junger, Werner | 1:0 | ||
7 | Doll, Michael | Mehrer, Michael | 1/2 : 1/2 | ||
8 | Rohr, Andreas | Junger, Ulrich | 0:1 | ||
Gesamtergebnis | 3,5:4,5 |
Dank dieses gelungenen Kraftakts kann man schon jetzt sagen, dass der SVE tabellarisch auf dem Platz an der Sonne über Weihnachten verweilen wird, denn trotz eines noch bis dahin zu absolvierenden Heimspiels gegen Weiße Dame Ulm am 8. Dezember beträgt der Vorsprung auf den Tabellenzweiten aus Bebenhausen (den man ja bekanntlich am Spieltag zuvor mit einer ordentlichen Packung nach Hause schickte) schon jetzt zwei Mannschaftspunkte und satte 7,5 (!) Brettpunkte. Die Ausgangslage könnte derzeit kaum besser sein, zumal sich die Konkurrenz gegenseitig die Punkte stiehlt – doch noch ist überhaupt nichts gewonnen. Schon in drei Wochen muss sich die Erste erneut gegen einen alles andere als schwachen Gegner aus der Münsterstadt beweisen, der uns in den letzten Jahren öfters ins Stolpern brachte.