Die heute Vormittag ausgespielte siebte und letzte Runde des in der ersten Auflage stattfindenden Erlanger Himmelfahrts-Open hielt für unseren Spitzenspieler Bernd Grill – wie zuvor bereits angekündigt – mit IM Leon Mons noch den von der Papierform her mit Abstand stärksten Spieler bereit. Da dieser im bisherigen Verlauf des Turniers seiner klaren Favoritrolle voll und ganz gerecht werden konnte, während die Konkurrenten früher oder später doch ein bisschen zu schwächeln begannen oder sich gegenseitig die Punkte abnahmen, stand dieser – wie gleichfalls bereits erwähnt – schon vor der Schlussrunde als Turniersieger fest und konnte entsprechend ganz befreit von turniertaktischen Überlegungen an die Partie gegen Bernd herangehen.
Wie der Berichterstatter ja schon vermutet hatte, war dieser entsprechend auch mit den schwarzen Steinen offenbar von vornherein nicht daran interessiert, sich frühzeitig mit einem Salonremis zu begnügen – wahrscheinlich auch deswegen, da man als von der Papierform her klar stärkster Spieler im Starterfeld auch einen hohen prozentualen Erfolgsscore benötigt, um dann am Ende ratingmäßig auch einen Nutzen aus so einer Turnierteilnahme ziehen zu können. Entsprechend konnte man aus der Eröffnungswahl des designierten Turniersiegers wohl bereits ablesen, dass dieser bereit war, einiges an Risiko auf sich zu nehmen, um seinen Turnierscore maximieren zu wollen, denn sein Leningrader Holländischer Aufbau mit einem dafür aber atypisch platzierten Königsspringer auf h6 ist zumindest eröffnungswissenschaftlich gesehen wahrscheinlich doch eine eher etwas fragwürdige Eröffnungswahl.
Bernd fühlte sich von dieser doch recht provokativen Springerentwicklung wohl auch etwas … sagen wir vielleicht doch mal … angefixt (wäre dem Berichterstatter zumindest bestimmt auch so ergangen) und entschloss sich entsprechend dazu, mit dem Aufzug seines h-Bauern (bei noch unrochiertem König) eine Flügelaktion zu starten, die wohl letztlich als „Strafexpedition“ für die leichte gegnerische „Dreistigkeit“ gedacht war, für die sich an dieser Stelle (laut Chessbase-Fritzbuch) nur zwei von 27 Spielern ebenfalls entschlossen hatten. Zwar kam Bernd schließlich auch zur Öffnung der h-Linie gegen den kurz rochierten gegnerischen König, doch damit ließ sich dann doch nicht viel anfangen, während der Gegner für das vorübergehende Investment eines Bauern gegen Bernds Damenflügel, wo sich auch sein König aufhielt, auf den dunklen Feldern eine starke Initiative vor allem auf Basis eines mächtigen dunkelfeldrigen Läufer auszuüben vermochte. Das Ende vom (traurigen) Lied war, dass nach Tausch aller Türme Bernds Hoffnungen, vielleicht noch etwas am Königsflügel erreichen zu können, endgültig austrockneten, während der Gegner zuvor am Damenflügel einen Bauern gewinnen konnte, worauf er letztlich unter Abtausch seines Prachtläufers routiniert in ein Endspiel mit Mehrbauer sowie „guter Springer vs. schlechter Läufer“ abwickelte, dessen Verwertung sich Bernd zurecht nicht mehr bis zum Ende vorführen lassen musste.
So fand das Turnier für Bernd nach seiner zwischenzeitlichen starken Performance so keinen allzu befriedigenden Abschluss. Allerdings musste man bei dem Umstand, dass zwei ganz schwere Brocken noch ganz am Ende des Turniers auf Bernd warteten (alle Ansetzungen innerhalb der Achter-Spielgruppen wurden bereits vorab ausgelost), freilich eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür auf der Rechnung haben, dass es so erfolgreich wie zuvor nicht bis zum Ende weitergehen würde.
Nachdem die beiden anderen Partien der Teilnehmer, die mit Bernd in direkter Konkurrenz um die Folgeplätze standen, remis ausgegangen sind, bleibt für Bernd mit der Endbilanz von 4/7 am Ende punktgleich mit dem Setzlistenzweiten nach Sonneborn-Berger-Wertung der undankbare vierte Platz. Als Trost hierfür wird Bernd jedoch wohl dennoch mit einem leichten DWZ-Zugewinn rechnen dürfen, liegt er damit doch dennoch einen Rang vor seiner Vorab-Setzlisteneinstufung platziert.
[Nachtrag 09.06.: Na, da hatte der Berichterstatter doch etwas untertrieben; immerhin 22 DWZ-Punkte Zugewinn kann Bernd trotz der zwei Niederlagen am Ende nun verbuchen]
Auch für Hartmut Hehn fand das Turnier in der Schlussrunde mit dem Weißremis gegen den DWZ-Schwächsten seiner Spielgruppe nicht den optimalen Abschluss; dass bei dem Turniersystem mit ratinghomogenisierten Spielgruppen bei so einer Ansetzung nur ein recht kleiner DWZ-Vorspung resultiert, hat bereits wiederholt Erwähnung gefunden. Da Hartmut mit seinem 2.b3-Nebensystem gegen die Französische Verteidigung nichts aus der Eröffnung herauszuholen vermochte, gibt es aber eigentlich auch keinen weiteren Grund dafür, sich über die resultierende Punkteteilung ärgern zu müssen. Schön wäre es freilich am Ende doch gewesen, mit einem Sieg noch ganz eine 50%-Punktequote zu erreichen, doch auch so wird sein letztliches Turnierergebnis für ihn wohl keinen DWZ-Verlust nach sich ziehen. Mit seiner Endbilanz von 3/7 platzierte sich Hartmut entsprechend seiner Vorab-Einstufung auf dem fünften Platz.
Insofern darf man abschließend konstatieren, dass für beide unsere Starter das persönliche Endergebnis noch voll im grünen Bereich liegt.
Freilich ist es natürlich insbesondere für Bernd schade, dass am Ende nicht noch mehr über einem Normalergebnis herausgesprungen ist, nachdem sich das Turnier zwischenzeitlich so vielversprechend entwickelt hatte.
Mi. Rupp
Bild: Bernd unmittelbar vor seiner Schlussrundenpartie gegen IM Leon Mons
Nachfolgend nun noch in kommentierter Form die Schlussrundenpartien unserer Protagonisten …