Unsere Nachwuchshoffnung Nils Wurmbauer (Jg. `05) nutzte zuletzt den Beginn der Herbstferien, um sogleich beim Deizisauer Herbstopen neue Erfahrungen zu sammeln und sich Spielpraxis zu verschaffen.
Wie bereits bei den letzten paar Turnierteilnahmen meldete sich Nils auch nun wieder für das stärkste der drei nach Spielstärke gestaffelten und von den Schachfreunden Deizisau ausgerichteten Turniere an, wo er sich entsprechend in der Vorab-Setzliste sehr weit hinten eingruppiert wiederfand. Entsprechend war in diesem A-Turnier natürlich damit zu rechnen, dass ihn gegen die von der Papierform her nahezu ausschließlich stärkere Gegnerschaft in den anstehenden insgesamt sieben Spielrunden sicherlich wieder alles andere als ein Zuckerschlecken erwarten würde und er dabei sicherlich noch des Öfteren am Ende den Kürzeren ziehen würde.
Dass diese Erwartung so wohl auch eintreffen würde, zeigt sich dann schon bald. Nach einer Startniederlage zu Beginn bescherte ihm die Auslosung auf Basis der ungeraden Teilnehmerzahl in Runde zwei ein Freilos und entsprechend einen kampflosen Punktgewinn, was dann aber auch die Folge mit sich brachte, dass er in Runde drei auf einen Gegner traf, der davor eben auch schon mal gepunktet hatte und entsprechend auch wieder annähernd 2000 DWZ mit sich brachte, der sich am Ende – wie dann auch noch in den beiden Folgerunden – spielstärkebedingt, aber auch vom einen oder anderen gegnerischen Fehler begünstigt, dann auch durchzusetzen vermochte. Letztlich glich der Turnierverlauf bis einschließlich Runde fünf ziemlich dem von seiner Turnierteilnahme vor ein paar Monaten bei den Unterländer Schachtagen (wir berichteten) – nur mit dem Unterschied, dass er da bereits eine Runde früher ein erstes teilweises Erfolgserlebnis verbuchen konnte. Entsprechend machte man sich zu diesem Zeitpunkt verständlicherweise bereits erste Gedanken dergestalt, dass man vielleicht doch besser noch mal mit einer Meldung für das B-Turnier hätte Vorlieb nehmen sollen.
Auch die Auslosung für die Vorschlussrunde sah dennoch immer noch keineswegs einen Gegner auf direkter Augenhöhe vor; die zugeloste nur ein Jahr ältere Amazone Vitalia Khamenya (SK Gräfelfing) hatte schließlich bei den diesjährigen Deutschen Jugendmeisterschaften in ihrer Mädchenaltersklasse mit 5,5/9 immerhin einen beachtlichen siebten Platz erreicht und kann schon 1850 DWZ vorweisen.
Nun spielte Nils aber erstmals durchgängig eine Partie ohne größere Hänger; die Gegnerin vermochte mit Weiß spielend zu keinem Zeitpunkt Stellungsvorteil zu erzielen – außer nach Nils´ letztem Zug, der doch etwas fragwürdig war, dann aber weiserweise von ihm mit der Unterbreitung eines Remisangebots verbunden wurde. In dessen Folge überlegte die Gegnerin lange und ließ so die letzten zehn Minuten ihrer Sockelbedenkzeit ablaufen, um schließlich mit nur noch wenigen Sekunden auf der Uhr dieses schließlich anzunehmen. Dies war dabei von der Stellung her sicherlich noch keineswegs nötig; ein erfahrenerer und abgezockterer Spieler hätte da wohl einfach mal – da stellungsbedingt risikolos – weitergespielt, doch mit einem bis dato nicht so guten Turnierstand im Hinterkopf fürchtet man dann halt wohl eher mal, am Ende womöglich dann doch wieder die Taube auf dem Dach sitzen zu sehen und begnügt sich dann entsprechend schneller mal mit dem Spatz in der Hand.
Nach diesem ersten herausgespielten Teilerfolg wäre man am Ende gegen den nun noch zugelosten Schlussrundengegner mit ähnlicher Kragenweite wie der Gegnerin zuvor sicherlich mit einem weiteren Remis zufrieden gewesen. Nils vermochte nun aber nochmals eine ähnlich ordentliche Leistung abzurufen wie zuvor, während sich der diesmal zwei Jahre ältere Gegner wohl doch etwas unter seinen Möglichkeiten präsentierte…
[Event "Deizisauer Herbstopen"]
[Site "?"]
[Date "2018.10.29"]
[Round "7"]
[White "Wurmbauer, Nils"]
[Black "Leser, Stefan"]
[Result "1-0"]
[ECO "C13"]
[Annotator "Mi. Rupp"]
[PlyCount "65"]
[SourceDate "2016.11.22"]
1. e4 e6 2. d4 d5 3. Nc3 Nf6 4. Bg5 {[%csl Gd3,Gd5][%cal Rg5f6]} ({der zweite
ähnlich häufig gewählte Hauptzug ist hier} 4. e5 {("Steinitz-Variante"),
worauf zumeist zunächst} Nfd7 5. f4 c5 6. Nf3 Nc6 {folgt mit dann zahlreichen
Untervarianten}) 4... dxe4 ({die zwei weiteren Hauptvarianten sind:} 4... Bb4 {
("MacCutcheon-Variante"). Zumeist folgt dann} 5. e5 h6 $8) (4... Be7 {(auch
als "Klassische Variante" bezeichnet) sollte Weiß mit} 5. e5 {beantworten,
wonach zumeist} Nfd7 {folgt}) 5. Nxe4 Be7 (5... Nbd7 {wird auch häufiger
gespielt (insbesondere auch vom deutschen Spitzen-GM Georg Meier)}) 6. Bxf6 $1
{die Gelehrten sind sich einig, dass Weiß nur so etwas erreichen kann} gxf6 ({
genauso oft wird} 6... Bxf6 {gespielt, wonach Weiß darauf verzichten sollte,
Schwarz das Läuferpaar abnehmen zu wollen und entsprechend noch ein
Figurenpaar zu tauschen, wenn er einen ganzen Punkt anstrebt und entsprechend}
7. Nf3 {zu spielen}) 7. c3 {46 Nennungen im Chessbase-Livebook} (7. Nf3 {wird
stattdessen ganz überwiegend hier gespielt (ca. 1800 Nennungen)}) 7... a6 {
[%cal Gb7b5,Gc8b7]} ({im von Schwarz gewählten Aufbau mit 6...gxf6 werden
öfters auch} 7... f5 {und}) (7... b6 {[%cal Gc8b7] (letztgenannter Zug ist
wohl der älteste) gezogen. Der Partiezug ist eher moderner und wurde
insbesondere von GM Alexander Morosewitsch vor rund 20 Jahren populär gemacht}
) {diese Stellung ist im Chessbase-Livebook noch 19 Mal verzeichnet} 8. Bd3 $5
$146 ({16 Spieler zogen hier wieder naheliegend} 8. Nf3) 8... b5 $6 {zwar ist
dieser Zug in diesem Untersystem mit ...a6 normal und folgerichtig, aber
aufgrund des folgenden Partiezugs an dieser Stelle wohl nicht der beste ...} (
8... f5 $142) 9. Qf3 $1 $14 {Diesen "unschablonösen" Zug möchte auch die
Engine ziehen!} ({Es gefällt mir, dass Nils hier nicht ohne zu überlegen
quasi automatisch bzw. schablonös das scheinbar wieder auf der Hand liegende}
9. Nf3 {gezogen hat}) 9... Nc6 $4 {wohl als bewusstes Bauernopfer gedacht
(ansonsten muss der Gegner wohl schon einen arg schlechten Tag gehabt haben),
um keine passiven Züge machen zu müssen, doch der Zug hätte tatsächlich
bereits die Partie kosten können ...} ({richtig war hier sicherlich} 9... Ra7
{wobei Weiß aber auch hier wohl die zumindest etwas besseren Chancen erhält;
man sehe etwa} 10. Ne2 Nd7 (10... f5 11. Nc5 Nd7 12. O-O-O $1) 11. g4 $5 c5 12.
O-O-O) 10. Nxf6+ {scheinbar mehr als naheliegend und vermutlich auch vom
Gegner so erwartet} (10. Nc5 $1 $18 Qd6 (10... Qd5 11. Be4) 11. Be4 $1 {und}
Bd7 $6 {scheitert an} 12. Nb7 $1 {mit Damenfang!}) 10... Bxf6 11. Qxc6+ Bd7 $8
12. Qe4 {zwar hat Weiß zuletzt ein paar Züge mit der Dame gemacht und so die
Figurenentwicklung nicht vorantreiben können, doch der nur geringe schwarze
Entwicklungsvorsprung und das Läuferpaar sind hier keine ausreichende
Kompensation (die Engine sieht gar überhaupt keine, sondern wahrscheinlich
vor allem auch einen rückständigen schwarzen c-Bauer)} Rc8 ({sogleich} 12...
c5 {war laut Engine vielleicht einen Tick (aber auch nicht mehr) besser, um}
13. dxc5 {mit} Rc8 {zu beantworten, womit Schwarz den Bauer zurück erhielte}
14. b4 $4 {wäre dann ein Lapsus wegen} Bxc3+) 13. Nf3 c5 14. d5 $1 {
präferiert auch leicht die Engine} Qb6 $6 (14... Kf8 $5 {[%cal Ge6d5]}) 15.
dxe6 $6 {beginnend von hier an fand Nils zunächst einmal eine Zeit lang nur
mittelmäßige Züge, wonach sich sein Vorteil mehr und mehr verflüchtigte,
bis er fast nicht mehr festzustellen war ...} (15. O-O $1 {war laut Engine
fast eine ganze Bauerneinheit stärker}) 15... Qxe6 $1 {trotz der Möglichkeit
zu Damentausch am besten} 16. Qxe6+ $6 (16. O-O-O $142 $1 Qxe4 17. Bxe4 $16)
16... Bxe6 $1 {[%csl Ye6,Yf6]} 17. a4 $6 Rd8 (17... bxa4 $5 18. Rxa4 Rb8 $1 $44
) 18. Be2 (18. O-O-O $1 $14 bxa4 19. Bxa6) 18... b4 ({wieder war} 18... bxa4 $5
19. Rxa4 Rb8 $44 {wohl die allerbeste Fortsetzung}) 19. O-O $1 {der einzige
Zug, der Chancen auf leichten Vorteil wahrt. Überhaupt spielte Nils die
kommende Partiephase wieder besser, wenn nicht gar richtig gut ...} bxc3 20.
bxc3 Bxc3 (20... a5 $5) (20... Rd6 $5) 21. Rac1 $1 Bb4 22. Bxa6 $14 O-O 23. Bb5
$5 (23. Ne5) 23... Bb3 24. Ne5 $1 Rd2 25. Nc6 $5 {ein paar andere Züge waren
objektiv betrachtet wohl zumindest genauso gut, aber, es wird sich gleich
auszahlen, ausgerechnet DEN gezogen zu haben ...} Ba3 $2 {das verliert
zumindest einen weiteren Bauer ...} (25... Ra8 $1 {war stattdessen richtig,
wonach die Engine nur einen kleinen weißen Vorteil sieht}) 26. Rc3 $1 Rb2 $2 {
das verliert nun eine ganze Leichtfigur und damit die Partie ...} (26... c4 $8
{war umbedingt notwendig, worauf Weiß nicht sofort den Bauer nehmen sollte,
da sich Schwarz dann schadlos halten könnte:} 27. Na5 $5 {[%csl Rc4,Gg8][%cal
Ga3b4,Gc3g3] und nun wird der schwarze Bauer fallen, ohne dass Weiß seinen
eigenen a-Bauer verliert} (27. Bxc4 Bxa4 {[%cal Gc3a3,Ga4c6]})) 27. Na5 $1 $18
({oder zunächst noch} 27. Rg3+ $1 $18) 27... c4 28. Bxc4 $1 ({oder zunächst
wieder noch} 28. Rg3+ $1) 28... Bxc4 29. Nxc4 $1 ({oder ein drittes Mal
zunächst erst} 29. Rg3+ $1) {Die Partie war so oder so verloren, aber Schwarz
hilft nun weiter, den ganzen Punkt unter Dach und Fach zu bringen ...} 29...
Bb4 $2 {der Gegner war offenbar wie ein angeschlagener Boxer an dieser Stelle
nicht ganz unverständlich bereits schwer angeknockt ...} (29... Rc8 30. Rg3+ {
wahrt den Figurengewinn mit nachfolgendem Sxa3}) 30. Rg3+ $1 Kh8 31. Nxb2 {so
ging nun nicht nur eine Leichtfigur verloren. Eigentlich war es damit höchste
Zeit, endgültig das Handtuch zu werfen, aber offenbar anbetrachts des
gegnerischen Alters wird noch ein letzter Schwindelversuch folgen ...} Re8 32.
Rd1 Bd6 33. Rgd3 ({umschifft den besagten letzten Schwindelversuch} 33. Rxd6 $4
Re1#) 1-0
Wie also bereits bei den Unterländer Schachtagen, wo er ebenfalls die letzte Runde noch zu gewinnen vermochte, kriegte Nils so gegen Ende des Turniers mit einer spürbaren Leistungssteigerung gewissermaßen nochmals die Kurve und konnte sich mit dem resultierenden Score von 2,5/7 noch mehrere Plätze vor seiner Setzlisten-Vorabeinstufung auf dem 69. Platz bei 83 Gesamtteilnehmern platzieren. So kann er letztlich wohl sogar noch einen moderaten Ratingzugewinn verbuchen, wonach es zwei Runden vor Schluss noch ganz und gar nicht ausgesehen hatte.
Insofern kann Nils mit dem Ergebnis am Ende doch noch ganz zufrieden sein, wenngleich er sicherlich gemerkt haben dürfte, dass es noch viel zu tun gibt, bis er auch der vorderen Hälfte eines Teilnehmerfeldes dieser ordentlichen Qualität wirkliche Paroli bieten kann.