Mit einer unerwarteten Machtdemonstration die Tabellenspitze zementiert

Beitragsbild: eine Achterbahnfahrt erlebte Jan Hoyler (Brett 8) vor seinem ersten Verbandsligasieg überhaupt

Verbandsliga Süd 2024/25   Runde 2:
SVE   –   SK Bebenhausen 2   7:1

Am 2. Spieltag der Verbandsliga erwartete unsere Erste ein anderes Kaliber als zum vergleichsweise lockeren Auftakt in Balingen. Zwar handelte es sich formal bei der 2. Mannschaft aus Bebenhausen um einen weiteren Aufsteiger, doch selbst ohne zwei Stammspieler erwies sich dieses Team von der Papierform her unserer Mannschaft als ebenbürtig. Dass dabei am Ende erneut ein eindrucksvolles Ergebnis unterm Strich stand, war im Vorfeld überhaupt nicht zu erwarten gewesen.

Schon der Auftakt verlief absolut vielversprechend: Michael Mehrer (7) bekam einen ihm gut vertrauten Aufbau aufs Brett und profitierte zudem von einem kränkelnden Gegner, der schon bald unkonzentriert einen Bauern einstellte und die Partie fast widerstandslos abschenken musste. Der Vorsprung wurde ganz hinten noch weiter ausgebaut: kurioserweise bekam es unser Ersatzspieler Jan Hoyler (8) mit dem nominell stärksten Gegner der Gäste zu tun – bei einem Unterschied von 400 Punkten zugunsten der Bebenhäuser musste man hier von einer klaren Sache ausgehen. Doch dann geschahen gar wundersame Dinge: zuerst erlangte Jan trotz allem eine vielversprechende Stellung, nur um sogleich zweifellos fehlerhaft und ohne ersichtlichen Grund eine Figur zu opfern. In für Jan bereits glasklar verlorener Stellung revanchierte sich der Gegner dann mit einem unglaublichen Schnitzer, der die Bewertung von +6 auf -8 herunterschnellen ließ und ihn umgehend die Partie kostete. So kam Jan also doch noch zu seinem ersten Sieg in der Verbandsliga überhaupt – und das gleich gegen einen solchen Gegner! Wir sagen: herzlichen Glückwunsch! Wenn man im Hinterkopf behält, dass Jan erst vor drei Jahren überhaupt mit dem Schachspiel anfing, dann ist das schon eine außerordentliche Leistung!

Als danach auch noch Kapitän Bernd Grill (1) seinen Kontrahenten in komplizierter Stellung zu einem dubiosen Bauerngewinn verleiten konnte, kippte auch diese weitgehend fehlerfrei geführte Partie endgültig zugunsten der Gastgeber – auch wenn unser Spitzenbrett nie schlechter gestanden war und zuvor sogar die Punkteteilung angeboten hatte. Mit der komfortablen 3:0-Führung im Rücken brachen dann alle Dämme: selbst Dietmar Kessler (3), der diesmal klar überspielt und in eine entsetzlich passive Position gedrängt worden war, wand sich wieder einmal in seiner unnachahmlichen Art heraus und führte seine Partie zum Sieg. Werner Junger (6) diktierte das Geschehen an seinem Brett ebenfalls, nachdem ein gegnerischer Angriff am Königsflügel versandete und die weiße Dominanz im Zentrum schwerer wog. Ein schwacher Zug von ihm in guter Stellung brachte dem Gegner allerdings doch noch den unverhofften Ausgleich ein, aber dieser war nach einem erneuten gegnerischen Patzer gleich wieder dahin – das war somit schon der fünfte Sieg des Tages!  Michael Rupp (2) mühte sich redlich, den – je nach Sichtweise passiven oder soliden – Aufbau des Gegners zu knacken und hatte stets optische Vorteile. Dennoch reichte es leider nicht zum Sieg, so dass den Gästen mit dem ersten halben Punkt zumindest die Höchststrafe schon mal erspart blieb. Ein Lehrbeispiel zauberte Hartmut Hehn (5) diesmal aufs Brett: er hatte sich nach seiner dubios geführten Partie zum Auftakt offenbar einiges vorgenommen und spielte (fast) wie aus einem Guss.

In dieser Position übersah Hartmut vermutlich, dass das naheliegende 20… f7-f5! tatsächlich im Hinblick auf 21. e4xf5 g6xf5 22. Sg4-h6+ Kg8-h8 23. Sh6xf5 Sc5-d3! (oder 23. Lc2xf5 Le7-g5!) möglich ist und wählte stattdessen das sichere 20… Ld7xg4. Sei’s drum, denn sein Gegner bedankte sich postwendend mit dem in positioneller Hinsicht äußerst fragwürdigen 21. h3xg4?. Offenbar beseelt von dem Wunsch, den thematischen Hebel f7-f5 zu erschweren, wählt Weiß jedoch ein Mittel, das schlimmer als die Krankheit ist. Es folgte der thematische Tausch der schwarzfeldrigen Läufer, der Schwarz von seiner schwächsten Figur befreit und Löcher in die weißen Bastionen reisst: nach 21… Le7-g5! 22. Ld2-e3 Lg5xe3 23. Df3xe3 Dd8-h4 übernahm Schwarz die Initiative. Fortgesetzt wurde die Partie mit 24. De3-e2 Sc5-d7 25. Sg3-f1 h7-h5! 26. f2-f3 h5xg4 27. f3xg4 Sg7-e8! 28. Sf1-e3 Se8-f6 29. Te1-f1 Kg8-g7. Schwarz hatte seine langwierigen Manöver abgeschlossen und stand bereit, die h-Linie zu besetzen. Die Partie dauerte noch einige Zeit, aber der schwarze Sieg stand eigentlich nie außer Frage, denn die chronischen weißen Schwächen erwiesen sich letztlich als zu große Bürde für den Anziehenden.

Es gab überhaupt keinen Grund, die Köpfe hängen zu lassen:
die „Hinterbänkler“ Hartmut Hehn, Werner Junger und Michael Mehrer an den Brettern 5 bis 7
erwiesen sich als Punktesammler und siegten allesamt

Nils Wurmbauer (4) hatte das Theorieduell in der Eröffnung dagegen klar verloren und wurde schon bald in die Defensive gedrängt. Am Rande des Abgrunds wandelnd bewies er jedoch außerordentliche Zähigkeit und führte die schlecht stehende Partie mit großer Moral noch zum Remis, so dass der SVE auch nach zwei Spieltagen bislang noch keine einzige individuelle Niederlage hinnehmen musste.

Hier das Endergebnis in der Übersicht:

Brett SV Ebersbach 1 SK Bebenhausen 2 Brettpunkte
1 Grill, Bernd Kasüschke, Lars 1:0
2 Rupp, Michael Frick, Christoph 1/2 : 1/2
3 Kessler, Dietmar Freiherr von Hauff, Christopher 1:0
4 Wurmbauer, Nils Foksha, Mischa 1/2 : 1/2
5 Hehn, Hartmut Chen, Qingzhi Alexander 1:0
6 Junger, Werner Omert, Oliver 1:0
7 Mehrer, Michael Kauth, Lukas 1:0
8 Hoyler, Jan Korenchenko, Semen 1:0
Gesamtergebnis 7,0:1,0

Viele Chancen auf ein versöhnlicheres Ergebnis hatten wir den Gästen an diesem Tag nicht gelassen – und wenn, dann blieben sie meistens ungenutzt, während unser Team insgesamt sehr präsent wirkte. In der Höhe fiel der Sieg vielleicht dennoch um einen Punkt zu hoch aus, aber so ist Schach nun einmal.

Nach diesem unerwartet deutlichen Sieg grüßt der SVE vorerst mit klarem Vorsprung von der Tabellenspitze. Der Vorsprung auf den Zweiten aus Langenau beträgt nach gerade einmal zwei Runden schon einen Mannschaftspunkt und ganze sechs (!) Brettpunkte. Wir wissen allerdings, dass das noch immer nicht viel zu bedeuten hat, genießen daher den Moment und freuen uns schon auf die nächste anstehende Aufgabe – dann geht es am 17. November auswärts gegen die langjährigen Rivalen aus Nürtingen, dem vermeintlich stärksten Gegner der Liga.

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