Am gestrigen Freitagabend wurde in unserem angestammten Spiellokal der diesjährige Vereinspokal wieder als Schnellschachturnier ausgetragen. Das Teilnehmerfeld war klein, aber recht fein; so gehörten alle sechs Teilnehmer zur Stammbesetzung unserer ersten Mannschaft oder waren wie Teilnehmer-Senior Nikola Karacic und Teilnehmer-Youngster Nils Wurmbauer als Ergänzungsspieler dort schon wiederholt zum Zuge gekommen.
Netterweise verschoben die im Filstal ansässigen Kameraden den Turnierstart noch um eine halbe Stunde, bis auch Fernpendler Michael Rupp aus Berlin kommend eingetroffen war; auf dessen von über achtstündiger Busfahrt bereits etwas strapazierte (Sitz-)Knochen sollten letztlich nochmals rund halb so viele Stunden am Schachbrett warten. So spielten des Weiteren noch Werner Junger, Hartmut Hehn und Bernd Grill „Jeder einmal gegen Jeden“ fünf Runden mit der Bedenkzeit 15+5´ aus.
Der Kampf um den Turniersieg entwickelte sich dann so, wie es von der Papierform her zu erwarten war. Schließlich kam es in der fünften und letzten Runde zum Showdown der beiden Führenden und Favoriten Bernd Grill und Michael Rupp, die bis dato mit 4/4 eine blütenweiße Weste zu bewahren vermochten (wenngleich zumindest Letzgenannter in seiner Partie gegen Hartmut Hehn nur mit am Ende doch einigem Dusel).
In dieser Partie konnte Bernd, die weißen Steine führend, in einer letztlich doch ziemlich ereignisarmen Partie ein bisschen Stellungsvorteil erzielen, doch in der am Ende auf dem Brett stehenden Mittelspielstellung mit lediglich noch Bauern und allen Schwerfiguren auf dem Brett konnte er mit dem Druck auf den rückständigen schwarzen b-Bauer allein dann nichts mehr erreichen; auf Vorschlag von Bernd wurde so im 31.Zug remis vereinbart.
Wie nun weiter, um einen Pokalsieger zu ermitteln? Auch wenn es bereits Mitternacht geworden war, einigte man sich rasch auf eine zweite Partie mit vertauschten Farben bei selber ungekürzter Bedenkzeitregelung – und die sollte am Ende weitaus dramatischer verlaufen als die erste …
[Event "Vereinspokal 2018 SVE"]
[Site "?"]
[Date "2018.10.19"]
[Round "?"]
[White "Rupp, Michael"]
[Black "Grill, Bernd"]
[Result "*"]
[ECO "A11"]
[Annotator "Mi. Rupp"]
[PlyCount "71"]
[SourceDate "2016.11.22"]
1. Nf3 d5 2. e3 Nf6 3. c4 c6 4. b3 g6 5. Bb2 Bg7 6. Nc3 O-O 7. Be2 Nbd7 8. cxd5
$6 $146 cxd5 (8... Nxd5 $11) 9. Rc1 a6 10. Na4 $6 b5 11. Nc5 Nxc5 12. Rxc5 Ne4
13. Bxg7 Kxg7 ({oder auch} 13... Nxc5 14. Bxf8 Qxf8 $11) 14. Qa1+ f6 15. Rc2 {
bis dato konnte sich Weiß keinerlei Vorteil erspielen; Schwarz durfte
entsprechend mit dem Eröffnungsverlauf zufrieden sein. Beginnend wohl mit
dem folgenden Zug begann sich nun aber die Waagschale so langsam zu Gunsten
des Anziehenden zu neigen ...} e5 $6 {sieht naheliegend aus, doch in der Folge
kommt Weiß nun spürbar besser zu stehen ...} 16. O-O Bg4 17. Rfc1 $14 ({das
überraschende} 17. Ng5 $6 {bringt nichts ein nach beispielsweise} Bf5 $5 (
17... Bxe2 $2 18. Ne6+) 18. Nxe4 dxe4) (17. d4 $5 $14 {war dagegen auch gut})
17... Bxf3 18. Bxf3 Ng5 19. Be2 {[%csl Yc1,Yc2] nun muss sich Schwarz langsam
Gedanken um einen eindringenden weißen Turm machen} Ne6 (19... Rf7 20. d4 Qe7
(20... e4 21. Rc6 $16 {drohend h4 mit Springergewinn}) 21. Rc6 {war kaum besser
}) 20. Rc6 ({ebenso gut war} 20. Bg4) 20... Qe8 $6 (20... Qd7 $2 21. Bg4 {
[%csl Ge5][%cal Gf6f5,Ga1e5]} Rfe8 22. Bxe6 Rxe6 23. Rc7 {[%csl Rd7,Rg7] hatte
Bernd sicherlich gesehen und entsprechend in der Partie seine Dame auf ein
anderes Feld platziert}) ({am besten war aber wohl noch} 20... Re8 21. Bg4 Kf7)
21. Bg4 $1 $16 Nd8 (21... f5 $2 22. Qxe5+) 22. Rd6 {[%csl Rd5] jedenfalls das
übersichtlichste. Schwarz kann den Verlust seines d-Bauern nun nicht mehr
verhindern und trachtete entsprechend nun nach Kompensation in der Initiierung
von Gegenspiel ...} (22. Bd7 $5 Qe7 (22... Qxd7 $2 23. Rc7) 23. Rc7 Rf7 {war
mir nicht klar genug}) 22... d4 23. exd4 f5 {zunächst dachte ich nun
natürlich an einem Wegzug des Läufers, doch nach ein paar Minuten zog ich
dann doch} 24. dxe5 $5 {muss man also nicht so spielen, kann man aber durchaus
(jedenfalls wenn man´s richtig weiterspielen würde) ...} fxg4 25. e6+ Kh6 $8
(25... Kg8 $2 26. Rc7 {verlöre klar, zumal} Nxe6 {an} 27. Rxe6 {[%csl Ya1,Yc7,
Re8,Rg8][%cal Ra1g7] scheitert}) {So weit, so gut ...} 26. Rc7 $4 {[%cal Ra1g7]
(drohend Dg7+) ist nun aber vollkommen die falsche Fortsetzung, da letztlich
viel zu optimistisch} ({richtig war} 26. Qe5 $1 {[%csl Ye6] (26.Te1!? wäre
auch noch angängig gewesen). Laut Engine müsste Schwarz hier sein Heil im
Rückopfer} Nxe6 {suchen} (26... Rf5 {kam mir während der Partie in den Sinn,
was aber nach} 27. Qe3+ $1 {klar verliert}) 27. Rxe6 Qf7 $8 28. Qe3+ Qf4 $8 {
sähe aber nach z.B.} 29. Re4 {mit gesundem Mehrbauer und nach Engineansicht
auch noch besserer Stellung ziemlich gewinnträchtig für Weiß aus. So
wie der Berichterstatter aber in der Partie spielte, hätte er eigentlich den
Kürzeren ziehen müssen ...}) 26... Nxe6 $8 $19 {Schwarz hat keine andere
Wahl als den richtigen Zug zu machen} 27. Rxe6 $6 {so war es gedacht, aber das
reicht einfach nicht ...} Qxe6 28. Qg7+ Kg5 (28... Kh5 {hätte trotz der
Schachmöglichkeit} 29. Qxh7+ {ebenfalls deutlich gereicht}) 29. Re7 {was auch
sonst anbetrachts des drohenden Grundlinienmatts?! Damit haben wir nun DIE
Stellung erreicht, dessen Folgezug letzlich über den Gesamtsieg entschied und
die entsprechend eingangs als Artikel-Avatar gepostet ist. Anscheinend
hatte der Berichterstatter bei Schachgöttin Caissa noch etwas aus der
Vergangenheit gut (oder der bedauernswerte Kamerad schlecht?), denn er
entschied sich jetzt (zum Glück für den Berichterstatter) für den auf den
ersten Blick wohl naheliegendsten Zug, der aber völlig falsch war ...} (29.
Rc5+ {taugte jedenfalls erst recht nicht nach dem einfachen} Rf5) ({Gleiches
gilt für} 29. h4+ gxh3 $8) 29... Qf6 $4 ({Nach stattdessen} 29... Qd6 $1 $19
30. Re5+ Rf5 31. h4+ gxh3 $8 {hätte es sich dagegen in Bälde endgültig
ausgeschacht gehabt für den Berichterstatter}) ({auch nach} 29... Rg8 $5 $19 {
wäre es bald aus gewesen}) 30. Re5+ $8 {Wie es doch so oft ist, gesellte sich
zu dem vorigen Fehlzug nun gleich noch ein weiterer ...} Kf4 $2 ({notwendig
war das gewichtige Rückopfer} 30... Qxe5 $16 31. Qxe5+ {wonach Schwarz
zuletzt auch wegen der beiderseitigen Zeitnot wohl Chancen behalten hätte,
die Partie noch retten zu können}) {Nach diesem scheinbar naheliegenden Zug
hatte Kiebitz Hartmut anscheinend denselben Eindruck wie zunächst auch der
Berichterstatter gewonnen, dass die Sache gelaufen sei und dieser als
Anziehender seine gewinnträchtige Mehrbauerstellung inzwischen kläglich
verzogen hat und verabschiedete sich entsprechend (es war wie geschrieben aber
ja auch schon deutlich nach Mitternacht) nach Hause. Doch damit verpasste
er wohl DEN Zug und DIE Kehrtwende des Abends ...} 31. d4 $8 {"!!" kann man
hier an sich nicht setzen, denn das ist schließlich der einzige spielbare Zug
bzw. "Nicht-Verlustzug"! Zum Glück war mir noch genug Zeit verblieben, den
doch noch aufzustöbern, denn so ganz schnell fand ich den ehrlich gesagt
nicht. War also reines Stellungsglück! Selbst als ich den bereits gezogen
hatte, brauchte ich (offenbar im Gegensatz zu meinem Gegenüber, der nach
seinem Bekunden ihn da inzwischen entdeckt und entsprechend gehofft hatte,
dass der Berichterstatter den nun nicht finden würde), immer noch etwas
ungläubig aufs Brett schauend, einige Sekunden, bis ich ganz realisiert hatte,
dass ich nun doch den Sieg in der Tasche hatte. Tatsächlich befindet sich der
schwarze König nun in einem Mattnetz, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt und
ihn spätestens im dritten Zug endgültig das Schicksal ereilt ...} Rae8 (31...
Qxe5 32. Qxe5# {war natürlich erst recht keine Lösung mehr}) ({Gleiches gilt
für den Genuss der "frei schwebenden Jungfrau" nach} 31... Qxg7 32. g3+ Kf3
33. Re3#) ({Auch} 31... g3 {stellt für Weiß wohl keine Probleme mehr, kann
er doch in drei Zügen mattsetzen:} 32. Qh6+ $1 {die beste Zugfolge,
wenngleich auch ein Nehmen mit einem Bauer problemlos gewönne, müsste
Schwarz doch in Bälde seine Dame für lediglich einen Bauern geben} g5 33.
hxg3+ {oder auch 33.fxg3+} Kg4 34. Qh3#) 32. g3+ $1 {Auch Dxf6+ und Dh6+
hätten zu einem forcierten Matt gereicht, wenngleich es dann etwas länger
gedauert hätte} Kf3 33. Rxe8 ({Da ich bei meiner wenigen Zeit den netten
Partiezug sah und mir klar war, dass der gewinnt, übersah ich das noch
forciertere} 33. Qb7+ Qc6 34. Qxc6#) (33. Qxf6+ Rxf6 34. Rxe8 {nebst Matt in
zwei Zügen war an sich ebenfalls zwingender}) 33... Rxe8 (33... Qxg7 34. Re3#)
34. Qxf6+ Ke4 35. Qf4+ (35. Qc6+) 35... Kd3 36. Qxg4 {und Bernd bekannte sich
geschlagen} *
So hatte also nach einem Herzschlagfinale, das genauso gut auch andersrum hätte ausgehen können, Michael Rupp das glücklichere Ende für sich und konnte sich so den diesjährigen Vereinspokaltitel sichern.