Der „World Cup 2017“ beginnt!

Da es wohl einige interessieren wird, die Hinweise auf den Beginn der betreffenden Veranstaltung sich selbst in der Fachpresse aber bislang zumindest doch recht in Grenzen gehalten haben, möchte der Berichterstatter vorsichtshalber darauf hinweisen, dass am morgigen Sonntag wohl DAS Schachereignis des Schachjahres 2017 beginnt: der „FIDE World Cup 2017“ bzw. „Schach-Weltpokal“, der in der Hauptstadt Tbilissi (Tiflis) der Schachnation Georgien ausgetragen wird!

Hierbei treten (in einem dort ansässigen Hotel) 128 Spieler, die auf unterschiedliche Weise  hierfür im Laufe dieses oder auch schon des Vorjahres eine Teilnahmeberechtigung erworben haben (zumindest in Grundzügen nachzuvollziehen z.B. auf Basis des betreffenden Wikipedia-Artikels https://de.wikipedia.org/wiki/Schach-Weltpokal_2017), in einem KO- bzw. Zweikampf-Modus gegeneinander an, wie man ihn beispielsweise von der Sportart Tennis her kennt. Insofern wird sich also nach jeder Spielrunde die gesamte Teilnehmerzahl jeweils halbieren, bis schließlich am Ende zwei Finalisten übrig bleiben.

Von den ersten zwanzig der Weltrangliste soll offenbar nur GM Topalov fehlen; von der gesamten Garde der Weltklassespieler mit ELO 2700 und mehr sollen insgesamt auch nur vier Spieler fehlen. Offenbar recht überraschend für die Fachwelt hat sich für dieses Event, das offenbar alle zwei Jahre stattfindet, auch kein Geringerer als der Weltmeister Magnus Carlsen höchstpersönlich angemeldet, obwohl an dem Event auch Spieler teilnehmen, die nicht umbedingt internationale Spitzenklasse verkörpern. Allerdings hatte Carlsen sich auch in der Vergangenheit schon in die Richtung geäußert, dass er es für ein allzu großes Privileg halte, dass bei der traditionellen Austragungsweise von Weltmeisterschaften der Weltmeister erst gegen den „letzten Mohikaner“ der „Qualifikationsmühle“ im Finale ins Geschehen einzugreifen hat; eine Auffassung, die zumindest dem Berichterstatter imponiert, schränkt er mit dieser doch seine eigenen Chancen auf eine erfolgreiche Titelverteidigung ein.

Der Zufall (oder Caissa) wollte es nun offenbar so, dass der Teilnehmer mit der niedrigsten ELO-Zahl, ein afrikanischer FM namens Oluwafemi Balogun (Nigeria), der momentan mit 2255 ELO lediglich eine Elozahl wie die besten Spieler unseres Vereins besitzt und sich offenbar über den Gewinn der westafrikanischen Meisterschaft für dieses Spitzenevent qualifiziert hat, „das große Los gezogen hat“ und ist so für die erste Runde als Gegner des Weltmeisters ausgelost worden, der fast 600 ELO-Punkte Übergewicht besitzt. Entsprechend dürfte diese Partie wohl auch der Zweikampf sein, wo Favoriten- und Außenseiterrolle am klarsten verteilt sind. Andererseits ist es für unsereins wohl interessant, zu beobachten, inwieweit solch ein Spieler mit ungefährem Niveau wie unsereiner da nennenswerten Widerstand zu organisieren vermag und ob da entsprechend etwaiges Knieschlottern beim Außenseiter oder doch gar gewisse Blamageangst beim Weltmeister mehr zum Tragen kommen werden.

Dass da in der Startrunde bereits wirklich etwas schiefgehen könnte für den Weltmeister, ist wohl dennoch wohl kaum zu erwarten, auch wenn in jedem Zweikampf lediglich zwei lange Partien ausgetragen werden. Würde man da risikoscheu auf einen Sieg des Weltmeisters wetten (wie dies in manchen Ländern jedenfalls in Wettbüros möglich ist), dürfte da der monetäre Zugewinn nur marginal sein. Bei Duellen mit einer geringeren Diskrepanz von der Papierform her dürfte da aber wohl eher mal eine Überraschung möglich sein, wie wenn wie bei einem WM-Kampf deutlich mehr lange Partien ausgetragen werden. Sollte es nach den beiden langen Partien noch unentschieden stehen, wird der jeweilige Zweikampfsieger letztlich über Schnellpartien und ggf. noch Blitzpartien ermittelt (die genauen Regularien hierzu sowie das gesamte Losungstableau inklusive der gesamten Ansetzungsstruktur für die Folgerunden („wer wann auf wen treffen könnte“) können dem erstverlinkten Wikipedia-Artikel entnommen werden).

Unter http://de.chessbase.com/post/world-cup-2017-die-interessantesten-duelle-in-runde-1

wird auf ein paar besonders interessante Duelle der Startrunde hingewiesen, wo der Ausgang im Kampf um den Einzug in die zweite Runde wohl weitaus offener sein dürfte. Wie auch dem Lesen dieses Artikels schon entnommen werden kann, werden auch ein paar „Schachamazonen“ ihr Glück versuchen, männliche Gegnerschaft in Schwierigkeiten zu bringen, am prominentesten die amtierende chinesische Weltmeisterin Hou Yifan, die zumindest in der ersten Runde gegen den polnischen GM Cacper Piorun sogar eine Favoritenrolle bekleidet.

Mit den GMs Liviu-Dieter Nisipeanu, Daniel Fridmann,  Matthias Blübaum und Vitaly Kunin sind auch vier deutsche Spieler am Start; alle von diesen haben sich bereits in Runde 1 mit Kontrahenten ähnlicher Kragenweite auseinanderzusetzen, der Letztgenannte mit dem Vietnamesen Quang Liem Le gar mit einem ziemlichen Schwergewicht der Weltklassekategorie 2700+.

Interessant auch die Altersspanne der Teilnehmer; diese reicht von den 16 Lenzen des für Australien startenden IM Anton Smirnov sowie der nur wenige Monate älteren US-amerikanischen GMs Samuel Sevian und Jeffery Xiong bis zu GM Essam El-Gindy (Ägypten) und GM Alexej Dreev (Russland), die mit 51 Lebensjahren bereits die Veteranenrolle bekleiden und altersmäßig nur noch vom „Turnier-Methusalem“ GM Johann Hjartarson aus Island übertroffen werden, dem mit 54 über den Gewinn der diesjährigen Nordischen Meisterschaft der Clou gelungen ist, sich auf seine älteren Schachtage nochmals für ein solches Spitzenevent zu qualifizieren. Allerdings dürfte für Letztgenannten zumindest nach den Wettquoten die erste Runde bereits auch die letzte sein, hat er doch mit dem diesjährigen Bundesliga-Topscorer GM David Navara (Tschechien) ein recht schweres Los beschert bekommen. Aber wie schon angedeutet ist bei dem praktizierten Turniermodus mit lediglich zwei langen Partien wohl eher mal eine Überraschung möglich; für jede Menge Spannung dürfte die nächsten paar Wochen jedenfalls gesorgt sein. Gespielt wird dabei fast täglich; erst nach deutlich über einer Woche wird es mal einen ersten Ruhetag geben.

Trotz des Modus mit relativ kurzen Zweikämpfen bekleidet natürlich dennoch der Weltmeister auch eine deutlichere Favoritenrolle auf den Gesamtsieg; rund 42% aller, die wohl bei einer entsprechenden Umfrage einen Tipp abgaben, habe auf einen Turniersieg des Weltmeisters getippt. Lediglich der französische GM Maxime Vachier-Lagrave sowie der armenische GM Levon Aronjan erhielten noch einen Anteil vom mehr als 10% an Turniergewinnprognosen.

Einen aufschlussreicheren Vorbericht, dessen Informationsgehalts sich zuvor auch der Berichterstatter bedient hat, ist hier zu finden (auf englisch):

https://chess24.com/en/read/news/world-cup-special

Des Weiteren noch der Link auf die offizielle Turnierseite des Weltschachbunds:

http://tbilisi2017.fide.com/

Von hier aus kann man beispielsweise unter „Official Informations“ alle Terminierungen sowie unter „Participants“ Fotos aller Teilnehmer einsehen.

Nachfolgend noch der Link auf die morgige Übertragung bei chess 24, die wohl zumindest ohne Premium-Zusatzfunktionen kostenlos sein dürfte (dabei aber immerhin inklusive Einsehen einer Engine-Stellungsbewertung) :

https://chess24.com/en/watch/live-tournaments/tbilisi-fide-world-cup-2017/1/1/1

Hier sind dann auch jetzt vorab bereits alle Erstrundenansetzungen einsehbar. Startschuss wird unsererer Zeit gegen 13 Uhr bzw. 15 Uhr vor Ort sein.

Zwischendurch kann man auf gleichem Portal dann vielleicht auch mal noch kurz bei der Schlussrunde der diesjährigen Württembergischen Meisterschaft reinschauen (auch wenn da von unserem Verein diesmal niemand mit von der Partie ist).

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