Start ins `Schachfestival Bad Wörishofen´: ein Sieg und eine Partie, in der mehr drin war

Am gestrigen Nachmittag 15 Uhr startete im bayrischen Kneipp-Kurort Bad Wörishofen in der mittlerweile 34. Auflage das von der Firma ChessOrg organisierte `Schachfestival Bad Wörishofen´. Mit dabei von unserem Verein sind zum wiederholten Male im A-Open (111 Teilnehmer, Mindestrating DWZ/ELO 1900) Hartmut Hehn sowie im Senioren-Turnier (121 Teilnehmer, ab männlich 60 / weiblich 50 Jahren) Hans Leutz und Franz Schulz.

Gespielt werden in beiden Turnieren im dortigen Kurhaus neun Runden bei pro Tag lediglich einer Partie; das Turnier wird daher noch die ganze nächste Woche bis Samstag 03.03. andauern (Bedenkzeitregelung: 100min / 40 Züge + 30min bis zum Partieende, Zeitgutschrift 30sec pro Zug von Anfang an).

 

Während die Startrundenauslosung allein Hans zumindest eine leichte Favoritenrolle bescherte, fanden sich Franz und Hartmut gegen jeweils von der Papierform her deutlich überlegene Gegner gleich in einer Außenseiterrolle wieder.

In der 1. Runde saßen Hans Leutz (links) und Franz Schulz (rechts) auslosungsbedingt direkt nebeneinander

Während Erstgenannter seine Rolle in einer ansprechenden Partie, in der er stets zumindest einen Tick besser stand, letztlich erfolgreich auszufüllen vermochte, wenngleich sein britischer Gegner lange Zeit erfolgreich Widerstand zu leisten vermochte, gelang unseren beiden anderen Akteuren gegen die favorisierten Gegner letztlich keine Überraschung.

Dabei hatten sich aber zumindest Hartmut Hehn (über Franz Schulz´ Partieverlauf vermag der Berichterstatter zumindest bis dato nichts zu sagen), der als Nr. 66 der Setzliste unter den 111 Teilnehmern gegen die Nr.11 der Setzliste GM Mikhail Ivanov (DWZ 2362/ELO 2355) anzutreten hatte, in der Eröfffnungsphase tatsächlich wiederholt Chancen geboten, der Partie eine andere und entsprechend eher unerwartete Wendung zu geben! Hartmut versuchte es mit den schwarzen Steinen spielend mal wieder mit Ben- bzw. „Hehn-Oni“. Die erste Chance auf Ausgleich bot sich im zwölften Zug, als er die Möglichkeit hatte, gegen Hergabe seines b-Bauern den gegnerischen zentralen e-Bauern zu erhalten. Als der russische Gegner infolge seines an sich wohl allzu optimistischen Vorstoß seines a-Bauern seinen Springer auf b6 einpflanzte, hätte Hartmut gar auf günstige und bereits vorteilhafte Weise die Qualität opfern und dafür wieder noch den gegnerischen e-Bauern gewinnen können; als er sofort zugs darauf auch die nun inzwischen schon zur Notwendigkeit gewordene zweite Möglichkeit hierzu verstreichen ließ, bekam der Favorit die Lage dann in den Griff – allerdings auch nur vorübergehend, denn nach einem bald folgenden strategisch wohl fehlerhaften Bauernhebel wurde die Lage wieder völlig offen. Hier schlug nun der GM an und für sich wieder einen stategisch falschen Weg ein; der eigentliche Schlüsselmoment ergab sich dann bald darauf im 23.Zug, wobei sich Hartmut dann leider für die falsche der beiden Möglichkeiten entschloss, den gegnerischen vorigen Hebelbauern auf f4 zu nehmen. Anstatt einen eigenen Stellungsvorteil von über einer Bauerneinheit generieren zu können, musste er folglich einen gegnerischen Vorteil ähnlicher Größenordnung in Kauf nehmen, der dazu noch an einer Stelle einen „einzigen Zug“ zur Wahrung von gewissen Rettungschancen erforderte, der nur schwer zu finden war. Zwar fand der russische GM dann erst im zweiten Anlauf das in der Stellung verborgene zweizügige Matt, doch zu dem Zeitpunkt konnte für ihn bereits nichts mehr schiefgehen.

Schade für Hartmut – das hätte also durchaus auch anders ausgehen können. Sicherlich zumindest aber eine lehrreiche Partie; nach Nachvollziehen der Partieanalyse des Berichterstatters dürfte er wertvolle Schlüsse für künftige Interpretationen dieser Spielweise ziehen können.

 

Die heutige Runde begann nun wie an den Folgetagen (abgesehen von der Schlussrunde) bereits eine Stunde früher um 14 Uhr. Zur Stunde bekleidet Hartmut nun gegen seinen zugelosten Gegner mit Weiß gegen einen deutlich älteren 1800er nun eine Favoritenrolle, während unsere beiden Akteure im Seniorenturnier deutlichere Außenseiterrollen einnehmen.

[Die Turnier-Basisseite ist aufrufbar unter http://www.chessorg.de/bad_woerishofen.php]

[Event "Bad Wörishofen 2018 (Seniorenturnier)"] [Site "?"] [Date "2018.02.23"] [Round "1"] [White "Leutz, Hans"] [Black "Collins, Alan"] [Result "1-0"] [ECO "A41"] [WhiteElo "1957"] [BlackElo "1641"] [Annotator "Mi. Rupp"] [PlyCount "107"] [SourceDate "2016.11.22"] {Hans vermochte seiner Favoritenstellung gerecht zu werden und erzielte letztlich einen verdienten Sieg, wenngleich der britische Gegner für sein Ratingniveau lange Zeit guten Widerstand zu leisten vermochte ...} 1. d4 d6 2. Nf3 Bg4 $5 {offenbar nationalbewusst spielt der Brite mit dieser Eröffnung, bekannt auch als Wade-Defense (benannt nach IM Robert "Bob" Graham Wade), entsprechend eine britische Eröffnung} 3. Nbd2 $5 {nur der dritthäufigste Zug, aber sicherlich keine schlechte Wahl} (3. c4) (3. e4) 3... Nd7 4. b3 $5 { ein interessanter Nebenweg, der aber sicherlich nicht fern liegt, um den Damenläufer entwickeln zu können} (4. h3 Bh5 5. g4 Bg6 6. Nh4 {[%cal Gh4g6] ist die meist verfolgte Interpretation dieser Stellung}) 4... Ngf6 5. Bb2 d5 $5 {an sich ein Tempoverlust, aber sicherlich nicht übel, um den Lb2 einzuschränken} (5... c6 {oder ....e6 wurde hier häufiger gespielt}) 6. c4 e6 7. e3 Be7 8. Bd3 O-O 9. Qc2 $1 {ab hier spielte Hans die nächsten paar Züge, wie auch die Engine des Berichterstatters es wollte ...} Bh5 10. Ne5 $1 Bg6 11. Nxg6 $1 hxg6 12. O-O $14 c6 13. e4 (13. Nf3 $5) 13... Rc8 $6 (13... dxe4 $142) 14. e5 $1 {treibt den Sf6 auf ein zwangsläufig schlechteres Feld ...} Nh7 ( 14... Ng4 $142 $5 {[%cal Gg4h6,Gh6f5]}) 15. Rac1 (15. c5 $5 $16 {[%cal Gb7b6, Gb3b4]}) 15... c5 $1 {Schwarz kommt nun zwar scheinbar etwas zu Spiel, doch die weißen Chancen bleiben die besseren ...} 16. cxd5 $1 exd5 (16... cxd4 17. Qxc8 Qxc8 18. Rxc8 Rxc8 19. dxe6 Nxe5 20. exf7+ Kxf7 21. Be4 $16) 17. Qb1 $6 { wohl einen Tick nicht aktiv genug} (17. e6 $5 fxe6 $8 18. Bxg6 Nhf6 19. Nf3) ( 17. Nf3 $16) 17... Qb6 (17... Ng5 $5) 18. Qa1 $5 (18. Nf3 Ng5 19. Nxg5 Bxg5 20. f4 Be7 21. Qc2 Rc6 22. Qf2 cxd4 $11) 18... Qe6 $2 ({verpasst die Gelegenheit, seinen Randspringer ins Spiel zu bringen mit} 18... Ng5 $11 {[%cal Gg5e6]}) 19. f4 $1 cxd4 (19... f5 $5) 20. Bxd4 Bc5 21. Nf3 Bxd4+ (21... Qb6 $142 $1 $14) 22. Qxd4 Qb6 {durchaus nicht falsch sucht der Brite nun den Übergang ins Endspiel, doch der weiße Stellungsvorteil ist ein struktureller und bleibt daher fortbestehen ...} 23. Qxb6 $1 Nxb6 24. Nd4 (24. Kf2 $5 {[%cal Gf2d4]}) 24... Rxc1 25. Rxc1 Rc8 26. Rxc8+ Nxc8 27. Kf2 $1 Nf8 28. Ke3 $16 {[%csl Yd4,Rd5,Ye3] der isolierte schwarze d-Bauer ist in der Folge ein notorisches Sorgenkind und damit der Fokus der berechtigten weißen Gewinnchancen ...} a6 29. g4 Ne7 30. a4 $5 Nd7 31. e6 $5 (31. Be2 {[%csl Gd5][%cal Ge2f3]}) 31... Nc5 $1 32. exf7+ Kxf7 33. Bc2 a5 $1 $14 {[%csl Yb4,Yc5] mit diesem Zug, der den gut stehenden Sc5 absichert, bleibt Schwarz im Spiel. Es ist nun alles andere als einfach für Weiß, irgendeinen Fortschritt zu erzielen ...} 34. Nf3 {[%cal Ge3d4]} Nc6 35. h4 $1 b6 36. Nd4 Nb4 37. Bb1 (37. Bd1 $5) 37... Kf6 38. g5+ Kf7 $8 39. f5 $5 {ermöglicht Schwarz zwar seinen Doppelbauern aufzulösen, doch kommt dies auch dem weißen h-Bauern zupass ...} gxf5 $8 40. Bxf5 {[%cal Gh4h5]} g6 $1 41. Bb1 {Schwarz ist zwar seinen Doppelbauern losgeworden, doch sein verbliebener g-Bauer bedarf nun ständigen Schutzes ...} (41. Bg4 $5) 41... Nd7 $6 (41... Kg7 $142) 42. Kf4 (42. Ne2 $1 $16 {[%cal Ge2f4,Gf4d5,Ye3d4]}) 42... Kg7 $1 43. Nf3 $5 Nc5 $6 (43... Kf7 $6 44. Ne5+ Nxe5 $8 45. Kxe5 Kg7 $8 46. Kd6 $16 d4 47. Kc7 d3 48. Bxd3 $8 Nxd3 49. Kxb6 $18) (43... Nc6 $142 44. Bd3 $14) 44. Nd2 (44. Ne5 $1 {[%csl Rg6]} Ne6+ (44... Nxb3 $2 45. Bxg6 $18 {[%csl Yg5,Yh4]}) (44... d4 45. Bxg6) 45. Kf3 $1 $16 Nd4+ (45... Nf8 46. Ke3 $16 Na6 47. Kd4 Nb4 48. Nd3 $1 $18) 46. Ke3 Nxb3 47. Bxg6 d4+ 48. Ke4 Nc5+ (48... Nc6 49. Nxc6 Kxg6 50. Ne5+ $18) 49. Kxd4 Nc6+ 50. Nxc6 Kxg6 51. Nxa5 Nxa4 52. Nc6) 44... Nd7 (44... Nc6 $11) 45. Ke3 $1 Nc6 {Totz der zweiten Bauernschwäche auf g6 hat Schwarz nach wie vor eine wohl verteidigungsfähige Stellung bewahren können ...} 46. Bc2 Nde5 $5 47. Bd1 Nd7 $6 {eine ernstere Ungenauigkeit} (47... Kf7 $142) 48. Nf3 (48. Bf3 $1 $16 Ne7 49. Kd4 {und Schwarz steht auf der Kippe}) 48... Nc5 49. Nd4 $1 $14 Nb4 50. Nb5 $5 (50. h5 gxh5 51. Bxh5) (50. Nc2 Nc6 51. Bf3 Ne7 52. Nd4) 50... Nc6 (50... Kf7 $5 51. Kd4 Ke6 52. Bg4+ Ke7 53. Na7 $1 Nxb3+ ( 53... Kd6 54. Nc8+ Kc7 55. Ne7 Kd6 56. Nxg6 Nxb3+ 57. Kc3 Nc5 $8 58. Bf5 $1 $16 ) 54. Ke5 $1 Kf7 (54... b5 $5 55. Nxb5 $14 (55. axb5 a4 56. Nc6+ $1 Nxc6+ 57. bxc6 a3 $8 58. c7 a2 59. c8=Q a1=Q+ 60. Kxd5 Qd4+ 61. Kc6 Qd6+ $44)) 55. Nc8 b5 56. Nd6+ $1 Ke7 57. Nxb5 Nc5 58. Nc3 Ncd3+ $1 59. Kd4 Nf4 60. Bc8 $5) 51. Bf3 $1 d4+ $2 {bietet ein Tauschgeschäft an, bei dem Schwarz aber am Ende schlecht wegkommt} ({richtig war} 51... Nb4 $14 {mit wohl weiterhin verteidigungsfähiger Stellung}) 52. Nxd4 Nxd4 $2 {Schwarz hätte sich besser mit Bauernverlust abfinden sollen, was vielleicht noch wage Rettungschancen bewahrt hätte} (52... Nb4) (52... Ne5) 53. Kxd4 Nxb3+ 54. Kd5 $1 {[%csl Rb6] [%cal Gb3c5,Gf3d1,Rd5c6] und da nun die restlichen Bauern am Damenflügel abhanden kommen werden, gab der Brite zurecht auf} 1-0

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