Verpasste Chancen (21)

Beim Nachspielen von Glanzpartien berühmter Spieler kann man vor lauter Verblendung schon mal vergessen, dass praktisches Schach natürlich keineswegs nur aus fehlerfrei gespielten Partien besteht. Im Gegenteil: perfekte Duelle bestreitet man selten, und auch weniger geradlinige oder ausgeglichenene Stellungen müssen natürlich ausgespielt werden.

Dabei bleiben Fehler unvermeidlicherweise nicht aus, doch was zwei Spitzengroßmeister beim Kandidatenturnier in Zürich 1953 schafften, sollte jeder Schachfreund einmal gesehen haben.

 

Szabo – Reshevsky, Zürich 1953
Weiß am Zug

Der ungarische Großmeister Laszlo Szabo spielte hier das zu erwartende und starke 1. Se4-f6+!, doch die eigentliche Überraschung bestand in Reshevskys Antwort 1… Lg7xf6??. Es ist wahr, dass Schwarz auch nach dem erzwungenen 1… Kg8-h8 alles andere als verlockend steht, doch im Vergleich zum Partiezug schneidet die Alternative wesentlich besser ab. Szabo schlug mit 2. Lb2xf6? zurück und verdarb diese attraktive Stellung später tatsächlich noch zum Remis. Eine andere, ungleich stärkere Fortsetzung hätte sich eher aufgedrängt …

Was diese Episode so unglaublich macht, ist dass die ziemlich simple Lösung offenbar auch umgehend von einigen der Zuschauer ohne jeden Fingerzeig entdeckt wurde. Mit anderen Worten: praktisch jeder im Saal – außer eben Laszlo Szabo – hatte die einmalige Chance erspäht, die sich hier für Weiß ergab.

============================ LÖSUNG ============================

Dass sowohl Reshevesky als auch Szabo in ihren Berechnungen beide nicht bemerkten, dass Weiß nach 2. Dc2xg6+! im nächsten Zug mattsetzt, ist kaum mit rationalen Begründungen zu erklären. Es beweist im Grunde genommen nur, dass kein Fehler unmöglich ist und selbst Großmeister nicht vor einfachsten Ausrutschern geschützt sind!

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