Zeitnot ist bekanntlich ein ganz schlechter Ratgeber und sollte daher nach Möglichkeit vermieden werden. Selbst amtierende Weltmeister können erkennbar schwächer spielen, wenn sie mit diesem Problem konfrontiert werden. Ein schönes Beispiel dafür lieferte Anatoli Karpov im Zenit seiner Karriere.
Karpov – Hübner, Montreal 1979
Weiß am Zug
Hier haben wir es mit einer typischen Mittelspielstellung zu tun, in der die ungleichfarbigen Läufer nicht die Remistendenz, sondern die Angriffsaussichten desjenigen, der die Initiative hat, vergrößern. Schließlich kann der schwarzfeldrige Läufer die Felder, die sein weißfeldriger Kollege attackiert, nicht verteidigen. Das hätte in Summe mit den Schwerfiguren gereicht, um diese Partie zum Sieg zu führen. Karpov war hier allerdings in Zeitnot, spielte 1. Dd3-c4? und musste einige Zeit später mit einer Punkteteilung Vorlieb nehmen. Mit einem anderen Plan hätte sich der Gewinn dagegen erzwingen lassen. Sehen Sie ihn?
============================ LÖSUNG ============================
Mit 1. Tc8-g8+ Kg7-h7 (oder 1…Kg7-f6 2. Dd3-f3+ Kf6-g5 3. h3-h4#) 2. Dd3-e3! hätte Weiß durch den Angriff auf den hängenden schwarzen Turm das entscheidende Tempo für seinen Angriff gewinnen können. Nach 2… Tb6-d6 entscheidet der Zug 3. Tg8-h8+!! die Partie, denn das Schlagen des Turms gestattet das Matt auf h6, während 3… Kh7-g7 4. De3xh6+ Kg7-f6 5. Dh6-h4+ ebenfalls zum Matt führt.