Zwar lag der Berichterstatter mit seiner zu Ende des vorigen Rundenberichts geäußerten Vermutung, dass unser Teilnehmer Bernd Grill nun nach der so unglücklich verlorenen zuvorigen Nagelprobe wieder einen etwas schwächeren Gegner zugelost bekommen würde, an und für sich nicht daneben, erhielt er doch einen Gegner mit „nur“ DWZ 2000 zugelost, doch da auch dieser Gegner erst rund sechzehn Lenze zählte, war die anstehende Aufgabe gegen ein solches Talent natürlich dennoch alles andere als eine einfache, zumal mit der bitteren Vorrundenniederlage noch im Hinterkopf.
Umso mehr imponierte dem Berichterstatter der von Bernd in dieser Partie an den Tag gelegte und fast schon bedingungslos zu nennende Kampfgeist. So lehnte Bernd im 26.Zug und 42.Zug jeweils vom Gegner unterbreitete Remisangebote ab, obwohl die Engine zu diesen Zeitpunkten keinen Vorteil für Bernd auswies und Bernd bereits einige Züge vor der Zeitkontrolle im vierzigste Zug überwiegend von den jeweils 30 Sekunden Zeitgutschrift zu zehren hatte. Letztgenanntes war dann auch der Grund gewesen, weswegen der Youngster nochmals von der Schippe springen konnte, nachdem ihn Bernd ein paar Züge nach dem ersten Remisgebot bereits am Wickel hatte.
Offenbar imponierte diese kämpferische Einstellung auch Schachgöttin Caissa derart, dass Sie dem jugendlichen Opponenten kurzfristig die Sinne vernebelte, als Bernd genau einen Zug, nachdem er im 48.Zug dann selbst eine Punktteilung offeriert hatte, das einzige Mal in der Partie kräftig daneben griff. An dieser Stelle hatte Bernd einige bange Augenblicke auszuhalten, hatte er doch zwischenzeitlich die Bescherung entdeckt, während der Gegner dagegen glücklicherweise die klare Widerlegung mit seiner zu schnell gespielten Antwort verpasste. Als dann dieser wiederum im 52.Zug nun wiederum selbst zum dritten Mal insgesamt wieder remis bot, lehnte nun Bernd wiederum ab, hatte er doch zwischenzeitlich den zutreffenden Eindruck gewonnen, dass der Opponent für seinen Minusbauern in dem Schwerfigurenendspiel mit vollständigem Schwerfigurensatz keine wirkliche Kompensation vorzuweisen hatte.
Zwar fand unser SVE-Starter nach einem baldigen Fehlzug des Gegners nach eingangs den zwei richtigen dann nicht mehr die besten der zahlreich zur Verfügung stehenden Schachgebote und wusste so zunächst nicht so richtig zwingend und sauber den Sack zu schließen, doch da auch der Gegner nach wie vor seinerseits nicht immer die allerbesten Züge fand, vermochte Bernd den jungen Gegner im Zuge eines sukzessiven Abtauschs aller Türme im dann resultierenden Damenendspiel niederzuringen und entsprechend seinen Freibauern in der c-Linie letztlich doch noch gewinnbringend zu verwerten. Letztlich musste der Gegner im 79.Zug seine Niederlage quittieren.
Mit dieser klasse Kampfleistung konnte sich Bernd posthum betrachtet so nun doch noch zumindest ein Stück weit für den wohl zuvor verloren gegangenen ganzen Punkt schadlos halten und hat so mit dem nun resultierenden Score von 2,5/4 wieder ordentlich im Turnier Fuß gefasst.
Dem Berichterstatter kam zwischenzeitlich die Information zu, dass am morgigen vorletzten Tag nur eine einzige Runde ausgespielt wird. Kurioserweise wartet auf Bernd nun auch zum fünften Mal ein Gegner, der seine zweite Lebensdekade noch nicht vollendet hat (diesmal Jahrgang 99) und zum wiederholten Mal einer mit einer 1900er DWZ. Auch wenn Bernd sich inzwischen an dieses Klientel gewöhnt haben sollte, gilt es dennoch insbesondere auch diesmal wieder mahnend den Zeigefinger zu heben, denn Tobias Hermann (SF Schwaigern) hat in der Startrunde dem rumänischen Setzlistenersten IM Cernov ein Remis abgetrotzt, um dann in der Runde darauf gar den ukrainischen Setzlisten-Dritten IM Nekrasov ganz zur Strecke zu bringen. Rundenstart wird morgen erst um 18 Uhr sein.
[Nachtrag 30.10. 12:00] Ganz konkret sah das zuvor beschriebene Brettgeschehen folgendermaßen aus …
[Event "Wormser Nibelungenopen"]
[Site "?"]
[Date "2017.10.29"]
[Round "4"]
[White "Yankelevich, Michael"]
[Black "Grill, Bernd"]
[Result "0-1"]
[ECO "D05"]
[WhiteElo "2001"]
[BlackElo "2142"]
[Annotator "Mi.Rupp"]
[SetUp "1"]
[FEN "r1bqk2r/pp3ppp/2nbpn2/2pp4/3P4/2PBPN2/PP1N1PPP/R1BQ1RK1 b kq - 0 7"]
[PlyCount "145"]
[SourceDate "2016.11.22"]
7... O-O 8. b3 {selten gespielt (3 Partien verzeichnet) - sicherlich, da man
beim Spielen dieses Zugs normalerweise ohne das dann an sich nutzlose c3
auskommt} (8. dxc5 {ist der Hauptzug}) 8... Qc7 9. Bb2 e5 $6 {wahrscheinlich
nicht so wirklich gut an dieser Stelle} (9... Bd7) (9... b6 {[%cal Gc8b7]}) 10.
dxe5 Nxe5 11. Nxe5 Bxe5 12. Nf3 (12. f4 $1 Bd6 13. c4 $1 {sieht hier recht gut
für Weiß aus:} d4 (13... Bg4 14. Qc2) 14. Ne4 $1 Nxe4 15. Bxe4 Re8 16. Qd3
dxe3 17. Qxe3 Bf5 18. Qg3 {[%csl Rg7]} Bg6 $8 19. Rae1 $14) 12... Bg4 {nun
kommt Schwarz hingegen problemlos und gut ins Spiel ...} 13. h3 Bh5 14. Be2 (
14. Qc2 Bxf3 15. gxf3 c4 $5) 14... Rad8 (14... Bd6 $5 15. c4 dxc4 16. Bxf6 gxf6
) 15. Nxe5 $1 Bxe2 (15... Qxe5 16. Bxh5 Nxh5 $11) 16. Qxe2 Qxe5 17. Rfd1 (17.
c4 $1 Qe6 $11 (17... d4 $6 18. Rae1 Rfe8 19. Qd1 Qd6 20. exd4 cxd4 $1 21. Qd3
$14)) 17... Qe6 18. Rac1 (18. c4 $1 dxc4 19. Qxc4 Qxc4 20. bxc4 Ne4 21. Rd5
Rxd5 22. cxd5 f5 $11) 18... c4 $5 {ein bekanntes strategisches Motiv in derart
Stellungen; der gegnerische Läufer soll schlecht gestellt werden;
andererseits erhält der Gegner nun das Feld d4, so dass das ganze etwas
zweischneidig bleibt ...} (18... Ne4 19. c4 dxc4 $11) 19. Rd4 b5 20. Rcd1 Rd7
21. Qc2 Ne4 {der Computer zumindest sieht die Stellung nach wie vor sehr
ausgeglichen} 22. bxc4 bxc4 23. Qa4 $6 (23. Ba3 $142) 23... Rfd8 ({auf} 23...
Nc5 $1 24. Qa5 Nd3 $17 {fürchtete Bernd nach eigener Angabe ein
Qualitätsopfer} 25. R1xd3 $2 cxd3 26. Rxd3 {doch zu Unrecht, da der weiße
Lb2 nach wie vor auf Granit beißt}) 24. Qa5 h6 25. Ba3 Qc6 26. Bb4 {Remisgebot
} Kh7 27. Be7 $6 {den hatte Bernd nach eigenen Angaben gar nicht auf der
Rechnung, doch zum Glück ist der Zug auch nicht wirklich gut ...} (27. f3 Ng3
$11) 27... Rb8 $1 28. Bb4 (28. Qa3 $142 $15) 28... Rb5 $1 29. Qa3 a5 $1 $17 {
nun kommt der Läufer in ziemliche Probleme ...} 30. Bf8 Kg8 31. Kf1 $2 {die
Lage war wegen des verirrten Läufers so oder so schon ziemlich schwierig für
Weiß, doch das sollte nun verlieren ...} ({auch etwas ein bisschen besseres
wie} 31. f3 Ng5 32. e4 Qg6 $1 {bliebe prekär für Weiß}) 31... Rb8 $6 {[%csl
Rf8] Bernd war bereits recht knapp an Zeit (es gab jeweils 30s Inkrement} (
31... Rdb7 $1 {[%csl Rf2][%cal Rb5b2]} 32. Be7 $8 Qc7 $19 {[%csl Re7,Rh2]
hätte bereits entschieden angesichts der Nebendrohung, auf h2 einzusteigen.
Die Engine sieht nichts Besseres mehr als} 33. Rxe4 dxe4 34. Bd6 {, was aber
nach etwa} Qd7 $19 {bei Weitem nicht zu einer Rettung reicht}) 32. Be7 $2 ({
notwendig war} 32. f3 $8 Ng3+ 33. Kf2 Nf5 34. Rf4 Nxe3 35. Kxe3 Rxf8 $17) 32...
Qb7 $2 (32... f6 $1 {mit nach wie vor recht gewinnträchtiger Stellung, hätte
dies doch den Läufer in seiner prekären Lage gefangen gehalten und den
folgenden Rettungszug verhindert ...}) 33. Bh4 $8 {nun ist vom vorigen klaren
schwarzen Vorteil fast nichts mehr übrig ...} Qc7 $6 (33... Qb5 $15) 34. f3 $1
Nc5 $1 35. Kf2 (35. Bg3 $1 Qxg3 $8 36. Qxc5 $11) 35... Rb5 36. Bg3 $1 $15 Qb7
37. Kg1 Qc6 38. Kh2 Nd3 {der leichte schwarze Vorteil fußt vor allem auf der
wirksameren Leichtfigur} (38... f5 $5) 39. e4 $1 dxe4 40. Rxe4 Rd8 $6 $11 {nun
haben beide Spieler die Zeitnot überwunden - und die Partie ist laut Computer
jetzt und einige weitere Züge lang wieder total ausgeglichen ...} (40... Rdd5
$5 $15) 41. Qe7 Rc8 42. Rd2 {neuerliches Remisangebot (vielleicht sollte man
dem "Jungspund" doch mal beibringen, dass das Unterbreiten eines solchen an
und für sich nur abwechselnd erlaubt ist?! ;))} Rb1 43. Bd6 Rb6 44. Bg3 Rb7
45. Qh4 $6 Rb1 46. Rde2 (46. Qh5 {[%csl Ra5]} Qb6 $1 $15 {[%cal Rb6g1]}) 46...
Rc1 $1 $15 47. Re7 ({Bernd befürchtete hier womöglich} 47. Rxc4 $2 {doch das
geht nicht:} Qxc4 48. Re8+ Kh7 49. Rxc8 Qxc8 50. Qe4+ Kg8 51. Qxd3 Rxc3 $19)
47... Qc5 $5 {[%cal Rc5g1]} (47... Rxc3 $15) 48. Be5 $1 {[%cal Ge5d4]} Qg1+ {
Remisangebot} (48... Nxe5 49. R7xe5 Qc7 $1 $15) 49. Kg3 {abgelehnt!} Qb6 $4 {
der einzige richtige Fehler von Bernd in dieser Partie} ({auch nicht
unproblematisch wäre} 49... Rc6 50. Qe4 $1 (50. Re8+ Kh7 51. Qd8 $1 Nxe5 $8
52. Rh8+ $8 Kg6 53. Rxe5 $11) 50... Rg6+ $8 51. Qxg6 $1 fxg6 52. Bd4 $1 $40 {
[%cal Re7g7] und Weiß behält Oberwasser}) ({am besten war wohl, den nun
inzwischen stark gewordenen Läufer zu tauschen:} 49... Nxe5 $1 50. R7xe5 Rc6
51. Re8+ Kh7 52. Qd8 $11) 50. Kh2 $4 {offenbar hatte Bernd Schachgöttin
Caissa mit seinem Kampfgeist zuvor imponiert und daher den jugendlichen
Konkurrenten kurzzeitig geblendet ...} ({Der Youngster verpasste} 50. Qg4 $1
Qg6 $8 (50... Nxe5 51. Qxc8+ $18) 51. Qxg6 fxg6 {und nun am allerbesten} 52.
Bd4 $18 {[%cal Re7g7] wäre glasklar gewonnen}) 50... Nxe5 $1 51. R7xe5 $15
Rxc3 $6 52. Re8+ $2 {Remisangebot!} (52. Qe1 $1 Rd3 53. Re8+ Rxe8 54. Rxe8+ Kh7
55. Qe4+ Qg6 $8 56. Qxc4 $11) 52... Rxe8 $8 {abgelehnt!} 53. Rxe8+ Kh7 $17 54.
Qe4+ Qg6 $8 55. Qa8 $2 {wieder ein klarer Verlustzug} ({Weiß kam wohl um
Damentausch wie nach} 55. Qxg6+ Kxg6 $17 {nicht herum}) 55... Qd6+ $1 56. Kg1
$8 Rc1+ $1 57. Kf2 Qd4+ $2 {gefährdet nochmals ernsthaft den Gewinn} (57...
Qc5+ $19 {das allerstärkste} 58. Ke2 (58. Kg3 Qg5+ $1 59. Kf2 Qh4+ 60. g3 Qd4+
) 58... Rc2+ 59. Kd1 Rxg2) (57... Rc2+ $5 $19) (57... Qb6+ $5 $19) 58. Kg3 $8
$17 Qd6+ $1 59. Kf2 Qd2+ $6 {(nur) ein Tick besser wie das Schachgebot zuvor} (
59... Qc5+ $19) (59... Rc2+ $19) (59... Qb6+) 60. Re2 $8 Qd4+ $1 61. Kg3 $8
Qd6+ $1 62. Kf2 $8 Qc5+ 63. Kg3 Qg5+ 64. Kh2 Qf4+ 65. g3 $8 Qd4 $5 {[%cal
Rd4g1]} 66. Rg2 $2 {zu passiv!} (66. Qe4+ $8 Qxe4 67. Rxe4 $17 {war der letzte
gangbare Rettungsversuch}) 66... g6 $5 {ab hier sollte es auch mit Bernds
meist nicht ganz optimalen Zügen gewonnen bleiben ...} (66... c3 $19) (66...
Qd3 $19) 67. Qf8 $6 (67. Qb7 $8 Kg7 68. Qb2 $8 Qxb2 69. Rxb2 c3 70. Rb3 $8 Kf6
$19) 67... Qf6 (67... Qd7) 68. f4 c3 $5 {[%csl Yc3] setzt den Haupttrumpf in
Gang ...} 69. Qa3 $1 Rd1 $5 70. Qxa5 $2 (70. f5 $142 gxf5 $5) 70... Qd4 $5 (
70... Qc6 $1) 71. Qc7 Kg7 72. f5 Rd2 $5 73. fxg6 Rxg2+ 74. Kxg2 Kxg6 $1 75. Qc8
{[%cal Rc8g8]} Kg7 $1 76. Kf3 Qd3+ 77. Kf4 Qd2+ 78. Kf5 c2 79. Qc6 Qg5+ 0-1