Chancenwucher wird bestraft

Verbandsliga 2023/24   Runde 2:
SVE   –   SG Donautal Tuttlingen   3,5:4,5

Trotz des klaren Sieges in der 1. Runde gegen Deizisau war allen Beteiligten des SVE klar, dass eine Leistungssteigerung her musste, wenn man die Gäste aus Tuttlingen in Bedrängnis bringen wollte. Das klappte im Großen und Ganzen auch gut, hatten die Gäste doch nach der Eröffnung an vielen Brettern mit Schwarz Probleme oder mit Weiß nur an wenigen Brettern etwas herausgeholt. Der fahrlässige Umgang mit allerbesten Chancen wurde jedoch letztlich bestraft und brachte unserem Team anstelle eines klaren Sieges eine mehr als unnötige Niederlage ein, wodurch der SVE in der Tabelle zunächst zurückfällt.

Es ließ sich nicht gut an, denn Michael Mehrer (7) wurde in dem von ihm gewählten exotischen Aufbau vollkommen überspielt. Bezeichnenderweise ging am Ende die Dame verloren, doch selbst ohne diesen Lapsus wäre die Partie in keinem Fall mehr zu retten gewesen. Die Gäste erhöhten rasch auf 2:0, denn auch Dietmar Kessler (3) kam mit der aggressiven Spielweise seines Gegners überhaupt nicht zurecht und musste ebenfalls recht zügig und praktisch chancenlos die Segel streichen. Dennoch hätte es ohne Weiteres für einen Sieg des SVE reichen müssen, denn von den übrigen Partien hätte kaum eine weitere verloren gehen müssen. Unser Youngster Nils Wurmbauer (4) geriet in folgende zweischneidige Stellung:

Mit dem korrekten 16… a7-a5! hätte Schwarz vielleicht sogar die besseren Chancen erhalten, da die Fortsetzung 17. c4-c5 Sb6-d7 für ihn wegen Ideen wie Lg7-f8 oder auch Sd7-f8 ungefährlich ist. Stattdessen wählte er das strategisch vollkommen verkehrte 16… f7-f5? und bekam von Nils dann die Zugfolge 17. h2-h4! h7-h5 18. g2-g4!! h5xg4 19. h4-h5 De7-f7 20. h5xg6 Df7xg6 21. c4-c5 vorgesetzt, welche die Partie sofort entscheidet. Der Springer kann wegen des hängenden f5-Bauern nicht nach d7 zurück und geht somit verloren, wonach die Partie entschieden war.

Michael Rupp beendete seine schwarze Serie endlich und
gewann souverän – Dietmar Kessler
schaut interessiert zu

Als auch unser „Exilschwabe“ Michael Rupp (2) endlich seine schwarze Serie von sechs sieglosen Spielen in Folge beendete und seine drückende positionelle Überlegenheit in einen überzeugenden, ungefährdeten Sieg ummünzte, war der Ausgang des Matches wieder offen. Hartmut Hehn (8) bewies in seiner Partie das überlegene Spielverständnis, beutete die gegnerischen Ungenauigkeiten souverän aus und siegte letztlich ohne größere Probleme – selbst ein paar Ungenauigkeiten konnte er sich angesichts seiner drückend überlegenen Stellung erlauben. Das Schicksal des Matches hing somit an den Partien der Junger Brothers und am Spitzenbrett. Werner Junger (5) stand lange Zeit minimal schlechter, doch mit herannahender Zeitnot schlug das Pendel immer stärker abwechselnd in beide Richtungen aus. Letztlich lächelte Caissa seinem Gegner zu, denn Werner ließ zwei glasklare Gewinnzüge aus und verlor sogar noch. Ein ähnliches Schicksal war der Partie von Uli Junger (6) beschieden: nachdem er fraglos eine Gewinnstellung erreicht hatte, verlor er zusehends den Faden und wurde binnen weniger Züge aus einer immer noch deutlich vorteilhaften Stellung heraus matt gesetzt. Bernd Grill (1) spielte die Eröffnung zunächst stark, erlaubte sich dann aber eine kurze Konzentrationsschwäche, die prompt zu einer strategisch wohl verlorenen Stellung führte, weil er danach dem Abtausch eines schwachen gegnerischen Läufers nicht ausweichen konnte und selbst mit einer schlechten Leichtfigur verblieb. Mit viel Phantasie, Hartnäckigkeit und etwas gegnerischer Mithilfe in Zeitnot hielt er die Partie jedoch in der Schwebe, wonach das große Roulette einsetzte: praktisch ab dem 50. Zug lebten in vollkommen unklarer Stellung beide Parteien fast nur noch vom Zeitbonus. Eine einzige Gelegenheit, in Vorteil zu kommen, ließ Bernd leider aus. Schließlich bot der Gegner in für ihn guter, wahrscheinlich gewonnener Stellung Remis an, um den Mannschaftssieg der Gäste zu sichern – die Offerte konnte Bernd nicht ablehnen. Jedenfalls wurde das Match nicht an diesem Brett entschieden, denn die zwei zuvor verschenkten Punkte schmerzten weitaus mehr.

Hier das Endergebnis in der Übersicht:

Br. SV Ebersbach 1 SG Donautal Tuttlingen 1 3,5:4,5
1 Grill, Bernd Seitz, Patrick ½:½
2 Rupp, Michael Buschle, Lukas 1:0
3 Kessler, Dietmar Narr, Kevin 0:1
4 Wurmbauer, Nils Bueble, Joschua 1:0
5 Junger, Werner Kulm, Justin 0:1
6 Junger, Ulrich Sulzbacher, Kurt 0:1
7 Mehrer, Michael Schrägle, Thorsten 0:1
8 Hehn, Hartmut Schuler, Daniel 1:0

Der nächste Gegner am 22. Oktober ist nach diesem vollkommen unnötigen Stolperer der Tabellenführer aus Wernau, der nominell eher etwas schwächer als Tuttlingen sein dürfte – kein Grund allerdings, ihn zu unterschätzen, denn wer solche Geschenke wie heute verteilt, kann gegen jeden Gegner verlieren!

Bernd Grill

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