Die abendliche zweite Runde wurde für unsere beiden Protagonisten zu einem vollen Erfolg! Der Berichterstatter war überrascht, dass sich Hartmut schon zu einem Zeitpunkt bei ihm meldete, als dieser noch keineswegs damit gerechnet hatte; schließlich vermag man bei dem in Erlangen praktizierten Turniersystem mit ratinghomogenen Spielgruppen nicht auf „Fallobst“ zu treffen.
Dies lag letztlich daran, dass genau DER Ulmer Kontrahent, gegen den er kurioserweise auch in der abgelaufenen Mannschaftssaison anzutreten hatte (die Partie endete seinerzeit remis), schon recht zeitig das Handtuch geworfen hatte – und zwar recht ungewöhnlicherweise in einer Stellung, in der noch gar nicht so wirklich etwas Handfestes passiert war, außer dass der Gegner halt einen Bauern verloren hatte. Schön jedenfalls, dass sich Hartmut so letztlich gerechterweise für die doch recht unglückliche Niederlage in der Startrunde revanchieren konnte.
[Nachtrag bzw. Korrektur: Hartmut wies mich zwischenzeitlich nochmals darauf hin, dass der Gegner in der Schlussstellung aus Versehen in Fingerfehlermanier seine Dame in die Hand nahm; da diese aber nur klare Verlustzüge auszuführen vermochte, gab er in Anerkennung der Regel „berührt – geführt“ sogleich auf. Es stimmt aber zumindest nach wie vor, dass das Weiterspielen sicherlich alles andere als Spaß gemacht hätte (wie im Rahmen der Partiekommentierung schon konstatiert) und die schwarzen Rettungschancen zu diesem Zeitpunkt sicherlich nur noch eher vage waren; Mi.Rupp]
Mehr arbeiten musste da Bernd gegen seinen von der Papierform her ebenbürtigen Gegner. Das Hauptthema dieser Partie war sicherlich das gegnerische Bauernopfer, das aber bei weitem nicht so gut funktionierte, wie sich das der Kontrahent wohl ausgemalt hatte. Wie sich der weitere Fortgang beschreiben lässt, entnehme der werte Besucher bitte dem einleitenden Text zur betreffenden Partie im Anschluss an diesen Rundenbericht …
In der morgigen Vormittagsrunde trifft Hartmut auf Markus Böhme (SC Uttenreuth, DWZ 2037). Bernd hat gegen den einheimischen Dustin Bachmann (DWZ 2118, Jahrgang 82) anzutreten. Man darf da entsprechend gespannt sein, ob die Erlanger auch am Schachbrett so gastfreundlich sind …
Nachfolgend nun also noch die Partien unserer beiden Turnierfahrer der zweiten Runde:
[Event "Erlanger Himmelfahrts-Open"]
[Site "?"]
[Date "2017.05.25"]
[Round "2"]
[White "Hehn, Hartmut"]
[Black "Gebhardt, Uwe"]
[Result "1-0"]
[ECO "B09"]
[WhiteElo "1977"]
[BlackElo "2030"]
[Annotator "Mi. Rupp"]
[PlyCount "43"]
[SourceDate "2017.05.25"]
{Unser Protagonist wies mich posthum darauf hin, dass Uwe Gebhardt bei unserer
Ligabegegnung gegen WD Ulm genau DER Gegner war, gegen den er seinerzeit zu
spielen hatte! Die Partie der beiden ging dabei remis aus. Hartmut hatte
dem Berichterstatter aus Erlangen aber noch mehr Interessantes zu berichten ...
} 1. e4 g6 2. d4 Bg7 3. Nc3 d6 4. f4 {Hartmut erzählte mir zwischenzeitlich
schon am Telefon, dass Bernd ihn über diese Eröffnungsvorliebe des Gegners
unterrichtete und ihn vorab etwas instruierte, was er dagegen spielen könnte .
..} c6 {Nanu?! Da hatte der Ulmer in der Startrunde wohl bei Hartmut
gekibitzt!? Man könnte wirklich meinen, dass Gebhardt Hartmut mit seinen
eigenen Waffen schlagen wollte - oder zeigen, wie man das noch besser spielen
kann^^!? Hartmut schwirrten solche Gedanken vermutlich auch etwas im Kopf
herum und wollte seinen Gegner nun vielleicht für diese "kleine Frechheit"
zur Verantwortung ziehen ...} 5. Nf3 Nf6 ({gängiger und zumindest nach
Einschätzung des Berichterstatters auch seriöser ist der vorige Zug in
Verbindung mit} 5... Bg4 {. Für gewöhnlich folgt dann} 6. Be3 Qb6 7. Qd2 Bxf3
8. gxf3 {, so gesehen z.B. auch in Bernds Partie gegen den Nürtinger Prof.
Bernhard Weigand beim letztjährigen Württembergischen Meisterturnier}) 6. Bd3
b5 7. a4 $5 $146 {Genau so attackierte Bernd vor nicht allzu langer Zeit in
einer eigenen Partie ebenfalls den Aufbau des Gegners, was er wohl Hartmut
entsprechend gezeigt hatte!? Wenn sich der Berichterstatter nicht sehr
täuscht, hatte der Gegner da allerdings 4...a6 gespielt (was vielleicht auch
unsere beiden Protagonisten erwartet hatten!?). Die daraus resultierende
Stellung sah aber jedenfalls ganz ähnlich aus wie in dieser Partie ...} b4 8.
Ne2 a5 9. c3 bxc3 10. bxc3 O-O 11. O-O $14 d5 ({Etwas wie} 11... Ba6 {wäre
vielleicht gesünder gewesen}) 12. e5 $1 Ne4 {sieht etwas riskant aus, aber
andere Züge wären wohl zu passiv gewesen ...} 13. Bxe4 {Materialistisch
gespielt. Meine Engine möchte interessanterweise eigentlich ohne diesen Zug
auskommen} dxe4 14. Ng5 Qd5 15. Ng3 {Schwarz dürfte den Bauern nun
tatsächlich verlieren und muss sich auf Basis seines Läuferpaars nun wohl
nach hinreichend Kompensation bemühen, was aber wohl nicht so einfach sein
dürfte ...} c5 16. N5xe4 (16. Ba3 $5) 16... cxd4 {anderes war keineswegs
besser ...} 17. Qxd4 $1 Qb7 {mit Minusbauer stand Schwarz nicht der Sinn nach
Damentausch, aber das kostet halt auch wieder ein Entwicklungstempo} 18. Be3
Qa6 $2 {vernachlässigt nun doch allzu sträflich die Figurenentwicklung} (
18... Nc6 $142 {und Schwarz hätte vielleicht tatsächlich zumindest ein
bisschen etwas gehabt für seinen Minusbauern}) 19. Rab1 {[%cal Gb1b6]} Nd7 {
offenbar missfiel Schwarz die weiße Option, Tb6 zu spielen} 20. Rfd1 (20. Rb5
$5) 20... h6 $2 {das ist sicherlich ungesund und macht die eigene
Königsstellung anfälliger im Falle von weißen "Anrempelaktionen"} 21. c4 Kh7
22. Qd5 {Wie inzwischen auch im Rahmen des Spielberichts korrigiert, griff der
Ulmer hier nun also offenbar in Fingerfehlermanier zu seiner Dame, um dann
eben festzustellen, dass man mit der nur klare Verlustzüge auszuführen
vermag, wie sich der Leser sicherlich rasch selbst zu überzeugen vermag.
Allerdings wäre es sicherlich so oder so frustrierend gewesen, hier in dieser
positionell klar nachteiligen Stellung zumal mit einem Minusbauern noch
weiteren Widerstand organisieren zu wollen; Hartmut hätte da sicherlich noch
ziemlich danebengreifen müssen, um diese Partie in der Folge nicht zum Gewinn
zu führen} 1-0
[Event "Erlanger Himmelfahrts-Open"]
[Site "?"]
[Date "2017.05.25"]
[Round "2"]
[White "Reis, Gerhard"]
[Black "Grill, Bernd"]
[Result "0-1"]
[ECO "D18"]
[WhiteElo "2184"]
[BlackElo "2167"]
[Annotator "Mi. Rupp"]
[PlyCount "80"]
[SourceDate "2017.05.25"]
{Die zweite Runde bescherte Bernd einen von der Papierform her sehr
gleichwertigen Gegner. Letztlich prägte dessen letztlich inkorrektes
Bauernopfer im siebzehnten Zug den weiteren Verlauf der Partie. Bernd spielte
gut, aber nicht optimal, so dass der Gegner im Spiel zu bleiben vermochte -
bis er genau im 40.Zug entscheidend daneben griff ...} 1. Nf3 d5 2. d4 Nf6 3.
c4 c6 4. Nc3 dxc4 {Slawisch hat Bernd schon öfters gespielt} 5. a4 Bf5 6. e3 (
{die Hauptalternative ist hier bekanntlich} 6. Ne5 {[%cal Gf2f3,Ge2e4] , was
tendenziell zu schärferen Stellungen führt}) 6... e6 7. Bxc4 Bb4 8. O-O Nbd7
9. Qe2 {der Hauptzug} Bg6 10. Rd1 ({die kritische Fortsetzung ist sicherlich
das hier überwiegend gespielte} 10. e4 Bxc3 (10... O-O {ist der sicherere
Hauptzug}) 11. bxc3 Nxe4 {gilt dann anbetrachts von} 12. Ba3 $44 {[%csl Ga3,
Re8,Gf8] als etwas riskant, wenngleich es doch spielbar sein dürfte. Den
zweiten Bauer auf c3 sollte Schwarz dann jedenfalls besser verschmähen}) 10...
Qc7 $5 (10... O-O {wird hier sehr viel öfter gespielt}) 11. Bd2 a5 12. Rac1
O-O 13. Be1 Qb6 $146 (13... e5 {wurde schon mal gespielt, was zwar von der
Bauernstruktur her stellungsgemäß aussieht, aber halt auch die Diagonale des
Lc4 verlängert}) 14. Ba2 Rfe8 15. Ne5 {den wollte meine Engine lieber schon
zugs zuvor sehen} Nxe5 16. dxe5 Bh5 $1 17. g4 $2 {Es wäre interessant zu
wissen, wie lange Weiß dafür überlegt hatte!? Die hinter diesem Bauernopfer
steckende Idee ist zwar durchaus geistreich, aber das ganze funktioniert
jedenfalls nicht so gut, wie sich Weiß das erhofft hatte ...} (17. f3 Nd5 $11)
17... Nxg4 $1 (17... Bxg4 $4 18. f3 {[%csl Rf6,Rg4] wäre natürlich das
falsche Nehmen gewesen}) 18. Ne4 {[%csl Gd6,Ge4][%cal Rh2h3,Ge1b4] drohend h3.
Nebenbei kann Weiß damit liebäugeln, die schwarzfeldrigen Läufer zu
tauschen, was ihm auf d6 ein schönes Feld für den eigenen Springer sichern
würde} g6 $1 $17 {[%csl Yh5] sieht riskant aus angesichts der damit
einhergehenden Schwächung des Feldes f6, doch Bernd hat gut kalkuliert ...}
19. h3 $6 ({meine Engine zieht zuvor den Tausch} 19. Bxb4 {vor, was aber
ziemlich auf dasselbe hinausgelaufen wäre ...}) 19... Nxe5 $1 20. Nf6+ $8 Kh8
21. Nxh5 $8 gxh5 22. Qxh5 Rg8+ 23. Kh1 $8 Ng6 $1 $17 24. Rd7 {Weiß versucht
natürlich angesichts seines Minusbauern, aktiv zu spielen, doch gleichzeitig
vermag Bernd auch, wirksames schwarzes Gegenspiel zu entwickeln ...} Rg7 25.
Bb1 f5 ({noch eine ganze Ecke besser gefällt meiner Engine} 25... Bxe1 $1 26.
Rxe1 Qxb2 {was wohl tatsächlich schon annähernd gewinnträchtig aussieht})
26. Rxg7 Kxg7 27. Qd1 $6 {die weiße Dame vermochte zwar wohl in der Tat so
allein auf weiter Flur nichts mehr zu bewirken, aber besser wird die weiße
Stellung dadurch auch nicht ...} Qd8 $17 ({Auf} 27... Bxe1 $1 {fürchtete
Bernd vielleicht die Möglichkeit} 28. Qd7+ $6 {, doch nach} Kf6 $1 29. Rxe1 {
[%csl Rh7]} Rd8 $1 30. Qxh7 $8 Rh8 $1 31. Qd7 Qxb2 $1 $19 {[%csl Rf2,Rh3]
entschiede der schwarze Gegenangriff}) 28. e4 $6 Bxe1 $6 29. Qxe1 $8 Qh4 {da
wollte meine Engine die Dame schon zugs zuvor hinspielen, denn nun kommt Weiß
zur Verteidigung des angegriffenen Bauern mit Tempo:} 30. Qc3+ Kh6 $1 $17 {nur
so behält Schwarz ernsthaften Vorteil ...} 31. exf5 $1 exf5 32. Bxf5 Qxf2 33.
Bxg6 {präferiert auch meine Engine leicht} hxg6 $17 34. Rg1 Rf8 35. Qxa5 {die
nächsten Züge vor der Zeitkontrolle gelangen Bernd trefflich, während der
Gegner am Ende daneben greifen sollte ...} Qf3+ $1 36. Kh2 $8 Qf4+ $1 37. Rg3
$8 Re8 $1 38. Qc3 $8 Re2+ 39. Kh1 $8 Qe4+ $1 40. Kg1 $2 {mit diesem letzten
Zug vor der Zeitkontrolle greift der sich bislang gut verteidigende Gegner
entscheidend daneben} ({unbedingt notwendig war} 40. Qf3 $8 {, wonach Bernd
nichts besseres hat als Damentausch mit} Qxf3+ 41. Rxf3 Rxb2 $15 {, wonach
Weiß in diesem Turmendspiel mit Minusbauer passable Rettungschancen behalten
dürfte}) 40... Qb1+ {Alles in allem und insbesondere gegen Ende eine ziemlich
ordentliche Leistung von Bernd} 0-1