Und das Imperium (der Frauen) schlägt (zumindest halb) zurück!
Nach der Erfahrung des Berichterstatters ist der vorletzte Tag bei mehrtägigen Turnieren zumeist ein besonders bedeutender – insbesondere dann, wenn am Schlusstag wie beim Staufer-Open nur noch eine Runde ansteht, fällt dann am Vortag doch meist schon eine Vorentscheidung, in welcher Region man sich am Ende in der Abschlusstabelle einsortieren dürfte und wie weit es am Ende in der Abschlusstabelle noch nach oben gehen könnte, sofern alles gut geht. Hätte Schachgöttin Caissa unseren Schächern nach Feierabend zur Wahl gestellt, ob sie jeweils das Tageserlebte akzeptieren oder lieber nochmals eine Wiederholung riskieren wollten, hätte wohl die Mehrheit unserer vier Teilnehmer sich wohl für zweitgenannte Option entschieden …
Dabei war der Vormittag an sich für die Mehrheit unserer vier Mannen soweit eigentlich ganz okay verlaufen, sofern man eine Gesamtausbeute von 50% für akzeptabel hält bei drei nominell stärkeren Gegnern (bzw. Gegnerinnen) von vieren.
Der Einzige unseres Turnierquartetts, der von der Papierform her eine Favoritenrolle einnahm, war da unser jüngster Teilnehmer Nils Wurmbauer. Der hatte im B-Turnier diesmal gegen die älteste der nunmehr drei GegnerINNEN zu spielen – was in dem Fall aber auch nur bedeutete, mal wenigstens gegen ein Mädchen ungefähr gleichen Alters zu spielen. Obwohl man da an sich mehr Erfahrung bei der Gegenüber vermuten durfte als zuvor, spielte diese die Eröffnung am wenigsten sachgemäß; nachdem sie in einem Sizilianischen Drachen unkundigerweise ihren e-Bauern anstatt des d-Bauern gezogen hatte, nahm Nils die Einladung dankend an, mit seinem Springer via b5 nach d6 zu hüpfen und nach dessen Tausch durch den „Drachenläufer“ über die völlig geschwächten dunklen Felder im schwarzen Lager die Sache sachgemäß und sicher zum korrekten Abschluss zu bringen.
Nicht ganz so erfolgreich, aber zumindest jeweils ein Remis gegen nominell stärkere Gegner mit einer DWZ von ca. 2100 erzielten im A-Turnier Ulrich Junger und Hartmut Hehn. Zum Spielverlauf bei Hartmut kann der Berichterstatter sagen, dass die Partie bis kurz vor die Zeitkontrolle recht ausgeglichen verlief ohne besondere Chancen, Hartmut dann den Gegner nach einer Ungenauigkeit noch unter Druck setzen konnte. Vielleicht hätte doch noch mehr rausspringen können, wenn Hartmut im vierzigsten Zug den stärksten Zug gefunden hätte; so kam es dann aber schnell zur Punkteteilung.
Wie bereits im Vortagesbericht beschrieben, klappte es bei Bernd Grill auch in diesem Turnier bisher wieder gut mit den SpielerINNEN und konnte entsprechend gegen namhafte Vertreterinnen überraschend klare Siege einfahren. Heute wartete eine kroatische Fidemeisterin (Tochter des GM Ognjen Cvitan) auf Bernd mit einer etwas schwächeren Rating als die vorigen Damen, die sich aber in der Vergangenheit auch schon so manche Meriten verdienen konnte (wie folgendem Link entnommen werden kann: https://www.jutarnji.hr/life/zivotne-price/genijalka-iz-delnica-na-turnirima-pobjeduje-jos-od-svoje-seste-godine-uglavnom-u-kategoriji-s-igracima-starijim-od-sebe/8095463/ ).
Im Gegensatz zu seinen beiden anderen vorigen „Amazonen-Partien“ kam Bernd diesmal nicht so gut aus der Eröffnung, nachdem er da wohl doch unterm Strich zu oft nur mit den Bauern gezogen hat. Zunächst konnte er sich dann aber aus einer schlecheren Stellung zunächst nochmals ganz gut berappeln, nahm dann aber einen strategisch nachteiligen Leichtfigurentausch vor, der dem gegnerischen Turm allzu zupass kam; letztlich konnte Bernd trotz hartnäckiger Verteidigungsbemühungen die Stellung nicht mehr halten und musste sich so am Ende zur Abwechslung nun doch mal vom anderen Geschlecht „flachlegen“ lassen.
Da am Nachmittag und am letzten Turniertag alle unsere vier Mannen nur noch gegen Geschlechtsgenossen anzutreten haben, hat damit (ausgerechnet) der Jüngste die inoffizielle Vereinswertung des „Ladykillers“ gewonnen (was Nils nach den noch zu beschreibenden Ereignissen der Abendrunde dann ja vielleicht ein bisschen zumindest zum Trost zu gereichen vermag)!
Leider hatte die nachfolgende Abendrunde unterm Strich auch keine bessere Gesamtausbeute vorzuweisen; vielmehr sollte es alles in allem noch ein halber Punkt weniger werden…
Am schnellsten seine Partie beendet hatte diesmal Hartmut Hehn, womit er aber gegen einen wieder nominell stärkeren Gegner mit 21er-DWZ als Nachziehender unbeachtet des dem Berichterstatter nicht bekannten Spielverlaufs, der aber anbetrachts der Frühzeitigkeit der Ergebnismeldung recht unspektakulär verlaufen sein müsste, sicherlich sehr zufrieden sein.
Ebenfalls ziemlich unspektakulär verlaufen ist die Abendpartie von Bernd Grill, der diesmal gegen einen männlichen Gegner als Anziehender letztlich keinen Eröffnungsvorteil zu erzielen vermochte und sich seinem nominell ungefähr ebenbürtigen Gegner bald auf ein Remis einigte. Das waren dann aber auch schon die erfreulicheren Ereignisse aus unserer Vereinsperspektive…
So musste unser dritter Teilnehmer im A-Turnier Ulrich Junger gegen seinen Kontrahenten mit annähernd 23er-Rating letztlich eine Niederlage zu quittieren.
Im B-Turnier hatte Nils Wurmbauer nach seinem dritten Mädchenstreich am Vormittag mit seiner bisherigen Punktausbeute von 5/7 noch die reelle Chance, sein Top-Gesamtergebnis vom vorletzten Jahr, als er 6,5/9 erzielte, noch zu erreichen oder womöglich sogar noch zu übertreffen.
Gegen seinen in Göppinger Schachkreisen gut bekannten und erfahrenen Gegner Petar Injac kam Nils an sich auch ganz passabel in die Partie und konnte zunächst mit wieder sehr gutem Spiel aus einer anfangs etwas passiv ausschauenden Stellung heraus schließlich sogar noch eine ziemlich gewinnträchtige Stellung herausspielen. Doch leider hatte Nils mal wieder für die ersten nicht einmal zwanzig Züge schon wieder viel zu viel Bedenkzeit investiert, was sich letztlich trotz der 30 Sekunden Zeitgutschrift pro Zug sehr rächen sollte. Just zu dem Zeitpunkt, als der Gegner seinen bis dato deplatzierten Randspringer wieder ins Spiel zu bringen schickte, versäumte Nils die einzige Gelelegenheit, diesen Springer gegen seinen Läufer abzutauschen; schließlich erfuhr dieser so die wundersame Wandlung vom zuvor „versauerten Gurkenspringer“ zum „Monsterspringer“ auf dem Zentralfeld e5 bzw. eine Wandlung der Endspielkonstellation „guter Läufer vs. schlechter Springer“ zu „schlechter Läufer“ vs. „guter Springer“ (plus je T + D) . Als Nils dann schließlich noch versäumte, für den Preis eines Bauern doch noch diese „Krake von Springer“ vom Brett zu bekommen, war es bald ganz um ihn Geschehen, sind doch Dame und Springer bekanntlich für gewöhnlich ein prima Duo. Kurz vor der Mattsetzung gab Nils schließlich auf – eine wirkliche unerwartete Wendung der Brettereignisse und auch wirklich schmerzende Niederlage! Da bleibt dann wohl nur nur hoffen, dass unser da höchst unglücklich agierende Akteur morgen Vormittag in der anstehenden Schlussrunde seiner Favoritenrolle gegen einen ungefähr gleichaltrigen Gegner gleichfalls aus dem Württembergischen gerecht zu werden vermag und sich noch so gut es geht zumindest ein Stück weit schadlos halten kann.
Im A-Turnier warten in der Schlussrunde für zwei unserer drei Starter nominell etwas stärkere Gegner; dies gilt für Harmut Hehn sowie Bernd Grill, der immerhin gegen die Nr.50 der Setzliste in Form eines FM anzutreten hat. Beginn ist auch nun nochmals um 09:30 Uhr; Daumendrücken von Sympathisanten kann sicherlich nicht schaden.