Verpasste Chancen (10)

Der oftmals als Patriarch der Sowjetischen Schachschule bezeichnete 6. Weltmeister der Schachgeschichte, Mihkail Botwinnik, beherrschte in den 1950er-Jahren das Geschehen im Schacholymp wie kein Zweiter. Er behielt mit zwei kurzen Unterbrechungen die Schachkrone von 1948 bis 1963 und war für seine eiserne Disziplin sowie seine kühle Logik bekannt. Hier erleben wir ihn bei einer der raren Gelegenheiten, in der er einen selten schönen Gewinnzug ausließ und stattdessen mit einer vermeidbaren Punkteteilung Vorlieb nehmen musste.

 

Bouwmeester – Botwinnik, Wageningen 1958
Schwarz am Zug

Der mit den schwarzen Steinen spielende Favorit hat eine optisch überwältigende Stellung mit den verdoppelten Türmen auf der 2. Reihe erreicht. Er zog hier allerdings 1… d5-d4? und ließ damit den niederländischen Internationalen Meister Hans Bouwmeester vom Haken. Die Partie endete letztlich remis und darf als der größte Erfolg in Bouwmeesters Karriere gelten. Mit einem anderen Zug hätte Botwinnik allerdings die Angelegenheit zu seinen Gunsten klären können …

============================ LÖSUNG ============================

Mit dem Glanzzug 1… Tb2-b1!! hätte Schwarz effektvoll gewinnen können. Nach 2. Dc1xb1 (auch nach anderen Damenzügen würde e3 fallen) setzt Schwarz mit 2… Sf5xe3+ fort und erzwingt wahlweise nach 3. Kg2-g1 Df6xf3 oder 3. Kg2-h3 Df6-f5+ das Matt.
Übrigens hätte das analoge 1… Ta2-a1?? nicht zum Erfolg geführt, da nach 2. Dc1xa1 Sf5xe3+ 3. Kg2-g1 der Unterschied deutlich wird. Nun könnte Weiß auf 3… Df6xf3 einfach mit Schach auf b2 nehmen und anschließend den Springer auf e3 mit dem nun entfesselten Bauer vernichten.
Dass Botwinnik unter den Weltmeistern ein vergleichsweise schwacher Taktiker war, erklärt dieses Versäumnis bedingt – dennoch kamen Momente wie dieser nur selten bei ihm vor.

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