Verpasste Chancen (25)

Ohne gleich alles zu verraten: es gibt eine Verteidigungsressource im Schach, die statistisch gesehen besonders häufig vergessen wird. Selbst einem erfahrenen Großmeister wie dem langjährigen armenischen Spitzenspieler Rafael Vaganian unterlief das Malheur, diese Ressource nicht bedacht zu haben.

 

Korchnoi – Vaganian, Skelefftea 1989
Schwarz am Zug

Die gute Nachricht aus schwarzer Sicht besteht darin, dass er zwei Leichtfiguren für einen Turm hat. Weniger erfreulich ist aus schwarzer Sicht, dass Weiß nicht nur drei zusätzliche Bauern dafür hat, sondern auch über sehr direkte Drohungen verfügt. Insbesondere der Vorstoß des b-Bauern schwebt über der schwarzen Stellung wie ein Damoklesschwert. Vaganian setzte daher fort mit 1… Dd1xc2+?
2. Kg2-h3 Dc2-a4, um die Drohung zu entkräften. Dennoch ist klar, dass die passive Stellung der schwarzen Figuren eine echte Belastung darstellt, zumal Weiß nach einem Damentausch immer einen weit entfernten Freibauer auf der h-Linie hätte. Es ist also in jedem Fall der Nachziehende, der hier ums Remis kämpfen muss. Korchnoi gewann nach der Parteifortsetzung in der Tat 25 Züge später, doch mit einer anderen Fortsetzung hätte sich der Armenier das Remis sichern können – nur wie?

============================ LÖSUNG ============================

Die im Einleitungstext skizzierte Idee spielt nicht auf ein Dauerschach, sondern auf die Möglichkeit eines Patts an. Mit dem nicht gerade leicht zu entdeckenden 1… b7-b6!! kann sich Schwarz den halben Punkt sichern, da nach 2. Dc5xc6 (die Alternativen sind nicht besser und geben Schwarz gefährliches Gegenspiel) die geistreiche Abwicklung mit 2… Sc4-e3+!! 3. Te6xe3 Dd1-f1+! zu einem Remis durch Patt führt.
Natürlich war es in der Diagrammstellung kaum vorstellbar, dass eine Pattwendung möglich wäre, da das ganze Brett nur so von Figuren wimmelt – und doch ist drei Züge später alles vorbei! ich kenne jedenfalls kein besser getarntes Patt als dieses Beispiel.

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